Die übergeordneten Einflüsse der Digitalisierung auf das Projektmanagement begleiten die Veranstaltungsreihe schon seit längerem. Diese können helfen, das Projektmanagement noch effektiver zu gestalten, es komme allerdings auf das „wie“ an, betonte Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Holger Timinger in seiner Begrüßung der rund 40 Teilnehmer*innen, die teilweise online zugeschaltet waren. Ein wichtiges Thema sei die Verknüpfung von Digitalisierung bzw. Daten mit dem Projektmanagement.
Bestehende Daten für Prozesse nutzen
In ihrem Vortrag "Geschäftsprozessanalyse durch Process Mining - Anwendung im Projektmanagement“ befasste sich Anna Schidek, (wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institute for Data and Process Science (IDP) der Hochschule Landshut) mit Daten, die anfallen und digital erfasst werden, bisher aber kaum genutzt werden. Gerade die in Log-Files gespeicherten Daten würden hier große Chancen bieten. Eine große Menge an Daten stünde zur Verfügung, diese können ausgewertet, Muster erkannt und für Prozesse genutzt werden. So könnten aus dem „Event Log“ über Algorithmen Prozesse erkannt und Prozessmodelle entworfen werden. Anschließend kann der Soll- mit dem Ist-Zustand verglichen, Abweichungen erkannt und Anpassungen durchgeführt werden. So entstehe ein neues Prozessmodell, das durch Iterationen und mit Hilfe der Event Logs in Echtzeit immer wieder anpassbar sei. Der Kontrollfluss könne ebenso wie die Organisation und der Zeitverlauf von Aktivitäten ausgewertet werden. Dies könne man in vielfältigen Unternehmensbereichen nutzen. Im Vertrieb könne man beispielsweise prüfen, wie oft ein Kunde im Online-Auftritt klicken muss, bis er zum gewünschten Ergebnis kommt. Im Projektmanagement könne man diese Infoquelle nutzen, um über den Ist- und Sollzustand das Vorgehen zu reflektieren, qualitative und quantitative Prozessoptimierungen vorzunehmen und so u.a. die Time to Market-Phase zu verkürzen. Bisher werde Process Mining im Projektmanagement aber kaum eingesetzt, die bisherige Forschung sei meist auf IT-Projekte begrenzt. Ursachen hierfür könnten einmalige Vorhaben bzw. einzigartige Projekte sein, die es schwierig machen vergleichbare Daten zu erhalten. Auch die Qualität der Daten sei wichtig, diese müssten eindeutig, sicher und vollständig sein, um Prozesse richtig abbilden zu können. Doch Prozess Mining biete über den Ist- Soll-Vergleich von Daten, die bereits vorhanden sind, eine Vielzahl an Chancen um Probleme zu analysieren und Abläufe zu optimieren. Gerade im Projektmanagement sei es mit Herausforderungen verbunden. Sie gibt den Tipp für die Praxis, den Anfang mit einzelnen kleinen Bausteinen, mit wiederkehrenden und nicht mit komplexen Prozessen zu machen. Gerade im Projektmanagement gäbe es im Process Mining noch einiges an Forschungsbedarf, den man gerne auch in Zusammenarbeit mit Unternehmen anpacken würde.
Durch Automatisierung Ressource Mensch besser nutzen
Mit einer weiteren Chance, die durch die zunehmende Digitalisierung in Unternehmen entsteht, befasste sich Tobias Heß, Gründer und CEO von Berias im zweiten Vortrag des Abends. "Digitalisierung im Projektmanagement durch innovative Prozessautomatisierung mit RPA (Robotic Process Automation)" lautete das Thema, in dem er sich mit der Automation von repetitiven Abläufen und Prozessen befasste. In der Arbeitswelt werden sich wiederholende Aufgaben immer mehr von Robotern ausgeführt, das (kreative) Potenzial des Menschen sei zu schade, um ihn diese Tätigkeiten ausführen zu lassen. Durch RPA als Teil der Digitalisierung sollen repetitive Abläufe automatisiert werden. So würden beispielsweise Daten von Lieferanten häufig in Excel-Tabellen gepflegt. „Aber alles was sich wiederholt und digital ist, lässt sich automatisieren“, ist Heß überzeugt. Neben der Zeitersparnis könnten auch Eingabefehler verhindert werden. Es sei auch möglich ältere Software über Schnittstellen einzubinden und einen „Softwareroboter“ darüber zu legen. Beispielsweise habe Skania den Prozess der bisher händisch erfassten und ins ERP eingegebenen Rechnungen innerhalb von 4 Wochen komplett automatisiert und schnell 80 Prozent der Transaktionen darüber abgewickelt. RPA biete neben der Zeitersparnis große Vorteile in der Genauigkeit, dies auch durch Bild und Texterkennung, deren Ergebnisse durch Machine Learning immer besser werden. Im Bereich Healthcare, der Heß besonders am Herzen liegt und durch viel Bürokratie gekennzeichnet sei, können viele Verwaltungstätigkeiten automatisiert werden. Beispielsweise könne Kennzahlen für Untersuchungen und Behandlungen automatisch eingetragen werden oder das System stelle alle erforderlichen Patientenunterlagen automatisch zur Verfügung, dies könne bis zu Handlungsempfehlung für den Arzt reichen. Die eingesparte Zeit könne man nutzen, um den persönlichen Kontakt mit Patienten zu stärken. Der Einstieg in RPA erfolge über erste Prozesse, aber eigentlich sei eine eigene Unternehmensphilosophie nötig. Man schaue sich bestehende Prozesse an, analysiere kritische Schritte und überlegt, wie man messen, verbessern, optimieren oder eben automatisieren kann. Es sei ein Umdenken in den Projekten nötig, gleich zu überlegen, wie eine Automatisierung aussehen könnte. Eine solche aufzubauen gehe meist schnell. Dann müsse man die Umsetzung verfolgen, managen und verwalten. Nachdem sie einmal laufen, werden die Lösungen immer besser, ist Heß überzeugt. Ein wichtiger Punkt bei der Umsetzung von RPA sei es, die Mitarbeitenden mitzunehmen. Um automatisierte Abläufe zu ermöglichen, brauche man erste Nutzer, die damit arbeiten und Ideen einbringen. Mit einfachen Tools könnten Automatisierungslösungen von diesen selbst umgesetzt und anderen zur Verfügung gestellt werden. Für komplizierte Prozesse können umfangreichere Tools genutzt und RPA-Developer hinzugezogen werden. Schließlich könnte sogar ein Center of Excellence entstehen: Spotify habe ein solches gegründet und es dabei geschafft, den Angestellten zu zeigen, dass nicht sie, sondern langweilige Arbeiten wegrationalisiert werden. Es wurde eine Plattform etabliert, auf der jeder Mitarbeitende bestehende Roboter nutzen kann, um wiederholende Arbeiten automatisieren zu können. An weiteren Beispielen zeigte der Referent, wie RPA gerade in Zeiten des Personalmangels helfen kann, die wertvolle Ressource Mensch besser einzusetzen. Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Timinger verabschiedete die Teilnehmer mit der Hoffnung, dass sie aus der Veranstaltung Anregungen mitnehmen und im eigenen Arbeitsumfeld ausprobieren könnten. Zusätzlich gab er einen Hinweis auf ein kostenloses Weiterbildungsangebot der Hochschule Landshut: Am Institute for Data and Process Science (IDP), dessen Leiter er ist, entsteht ein
kostenfreies Weiterbildungsangebot in Form von Kurzschulungen, welches sich an Mitarbeitende von KMU aller Hierarchiestufen richtet. Die Kurzschulungen sind praxisorientiert aufgebaut und bieten weitere Qualifizierungen zur Gestaltung der digitalen und nachhaltigen Transformation an. Weitere Inofs zum Praxisforum Nachhaltigkeit unter:
www.haw-landshut.de/netzwerkforum-pm .