Nachhaltige Energiekonzepte sind notwendig, um die anvisierten CO2-Ziele zu erreichen. Hierbei könnten Mikrogasturbinen, die gerade in Kombination mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) bzw. Kraft-Wärme-Kopplung viele Vorteile bieten, allerdings noch mit hohen Anschaffungskosten verbunden seien, einen wertvollen Beitrag leisten. Dies erläuterte Dr. Peter Kutne vom DLR im abschließenden Vortrag der Landshuter Energiegespräche des Sommersemesters 2021. Das Thema Energie sei ein wichtiges Querschnittsthema an der Hochschule Landshut, mit dem sich auch die Landshuter Energiegespräche seit vielen Jahren befassen, betonte Vizepräsident Prof. Dr. Holger Timinger in seiner Begrüßung. Dabei spielen nachhaltige Energiekonzepte, gleichzeitig das Leitthema der Landshuter Energiegespräche in diesem Semester, eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende. Im dritten und abschließenden Vortrag der Reihe stellte Dr. Peter Kutne (Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V., DLR) in seinem Vortrag "Dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme mit Mikrogasturbinen – eine Technologie für die Energiewende" am 14. Juni 2021 den rund 70 online zugschalteten Teilnehmern/innen ein alternatives Energiekonzept vor. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Tim Rödiger, der den Referenten vorstellte und auch die anschließende Diskussion leitete.
Der Referent, Dr. Peter Kutne, befasst sich als Leiter der Abteilung Gasturbinen am Institut für Verbrennungstechnik des DLR (Stuttgart) in zahlreichen Forschungsprojekten mit Gas- und Mikrogasturbinen als „Technologie für die Energiewende in Deutschland und auf dem Weltmarkt“, wie er erklärte. Das Ziel sei, die Verbrennung in den Gasturbinen möglichst schadstofffrei sowie mit hoher Brennstoff- und Lastflexibilität zu ermöglichen.
Vorteile von dezentraler Stromerzeugung und Wärmenutzung durch BKHWs
Die dezentrale Energieversorgung mit Blockheizkraftwerken (BHKWs) habe klare Vorteile gegenüber einer zentralen Stromerzeugung: Auch wenn Kraftwerksprozesse heute sehr effizient seien, gehe ein großer Teil der Energie als Wärme verloren, zusätzlich gibt es Leitungsverluste. In den meisten Haushalten würde Wärme in Heizungssystemen dezentral erzeugt, wenn über BHKWs auch die Stromerzeugung dezentral erfolge, könne die Abwärme gleich genutzt werden, die Gesamteffizienz erhöht und Primärenergie in Höhe von rund zwanzig Prozent eingespart werden. Dies sei auch beim Einsatz von erneuerbaren Energien von Vorteil, die Last in Strom- und Verteilnetze könne reduziert und durch die Steigerung der Zahl von Erzeugern auch die Sicherheit erhöht werden.Die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser habe 2017 fast ein Drittel des Endenergiebedarfs ausgemacht, etwa zwei Drittel davon in Privathaushalten, in denen Energie Großteils mit Öl- und Gas-Heizungsanlagen bereitgestellt werde. Aktuell seien ca. vierzehn Prozent der Haushalte an Wärmenetze angeschlossen, in letzten Jahren sei dabei keine starke Entwicklung zum Ausbau festzustellen gewesen. Mit kleinen BHKW-Systemen sei Primärenergieeinsparung ohne große Infrastrukturmaßnahmen möglich.
Er stellt kurz die Funktionsweise von Gasturbinen vor: Luft werde aus der Umgebung angesaugt, bis zu vierzig bar verdichtet, in der Brennkammer mit Brennstoff vermischt und entzündet, die Energie im Abgas werde über eine Turbine entspannt, dabei werde sowohl der Verdichter als auch einen Generator angetrieben, der Strom erzeugt. Die Gasturbinentechnologie diene seit vielen Jahren als verlässlicher Energiewandler, sie zeichne sich durch Leistungsdichte und hohe Zuverlässigkeit aus. Sie hätten sich auch im stationären Bereich zur Strom und Wärmeerzeugung in zentralen Kraftwerken und der Industrie bewährt.
Mikrogasturbinen: eine junge Technologie mit Potenzial
Bei Mikrogasturbinen müsse die Komplexität reduziert, auf einfache Komponenten ähnlich bei der Turboladertechnologie gesetzt werden. Insgesamt sei die Bauweise der Mikrogasturbinen kompakt, wenige bewegte Bauteile seien erforderlich, auch durch Luft oder Magnetlagerung sei der Wartungsaufwand gering, es seien nur wenige Hilfssysteme nötig, auch ein Kühlwasserkreislauf sei nicht erforderlich. Bei solch einfachen Systemen sei viel Wärme im Abgas. Diese könne man über einen Wärmetauscher nutzen, um die Zuluft aus den Verdichter zu erwärmen, dadurch werde weniger Energie benötigt, aber besonders für das Heizen oder zum Erwärmen von Wasser biete es ein hohes Potenzial. Mikrogasturbinen seien insgesamt eine junge Technologie, seien in den 80er Jahren für den Einsatz in mobilen Anwendungen entstanden, hätten sich hier aber nicht durchsetzen können. In den 90er Jahren seien sie erstmals für dezentrale Strom und Wärmeerzeugung eingesetzt worden. Die Leistung der Mikrogasturbinen liege im Bereich von ein bis fünfhundert KW, der elektrische Wirkungsgrad zwischen zwanzig und vierzig Prozent, der Gesamtwirkungsgrad durch die Nutzung der Abwärme bei achtzig bis neunzig Prozent.
Dabei biete die Mikrogasturbine viele Vorteile: Die Verbrennung sei sehr schadstoffarm - deutlich unter den Grenzwerten der TA Luft, die Brennstoffflexibilität sei hoch; so könne Erdgas oder auch z.B. mit einer Zumischung von siebzig Prozent Wasserstoff verwendet werden. Dabei sei die Mikrogasturbine über einen weiten Lastbereich ohne Effizienzeinbußen regulierbar. Das hohe Abwärmenutzungspotenzial könne man entweder direkt oder auch in Kombination mit weiterer Wärme in industriellen Prozessen nutzen.Als Nachteile nannte Dr. Kutner, dass der Wirkungsgrad stark von Umgebungstemperatur abhänge, was in unseren Breiten allerdings nicht so schlimm sei, und dass die Investitionskosten hoch seien. Für ein System mit z.B. 17 KW Wärmeleistung müsste man mit ca. 20.000 Euro, deutlich mehr als für eine konventionelle Heizung, rechnen. Es brauche also Zeit, bis sich das System u.a. durch die geringeren Wartungskosten amortisiere, deshalb sei die Verbreitung auch noch nicht so hoch. Insgesamt seien aktuell wenige etablierte Anbieter, aber viele Start-ups für unterschiedliche Anwendungsfelder, auf dem Markt. Einige Hersteller böten Anlagen bis etwa 400 KW an, auch kaskadierte Systeme, bei denen einzelne Systeme zusammengeschaltet werden, seien erhältlich.
Viele Anwendungsfelder möglich
Aktuell würden Mikrogasturbinen häufig für die Abwärmenutzung eingesetzt. Dies direkt (ohne Wärmetauscher) zur Trocknung, in Gewächshäusern, zur Dampferzeugung oder für Gebäude mit hohem Wärmebedarf, z.B. in Hotels, Schwimmbädern oder Krankenhäusern. Durch die hohe Brennstoffflexibilität seien sie auch gut geeignet, um Fackel- oder Deponiegase zu verarbeiten, durch die hohe Verfügbarkeit (sehr wartungsarm) auch als Notstromversorgung für Rechenzentren oder den Inselbetrieb kleiner Standorte. Bei der Weiterentwicklung der Mikrogasturbinen sei das DLR damit beschäftigt, die Brennstoffflexibilität noch zu erhöhen; dies mit Brennersystemen, die für verschiedene Brennstoffe, z.B. den Betrieb mit Erd- oder Biogas, optimiert sind, ohne das System ändern zu müssen. Auch Wasserstoff sei ein Thema, kleine Systeme würden sich auch gut dazu eignen, um sie mit Elektrolyseuren und Wasserstoffspeichern zu nutzen. Zusätzlich seien die Optimierung des Gesamtsystems, durch die Erhöhung der elektrischen Effizienz, die Verringerung der Herstellungskosten oder auch gekoppelte Konzepte, u.a. mit Einbindung von Solarenergie oder Wärmepumpen, verfolgte Entwicklungsthemen.
Insgesamt sieht Dr. Kutner auf Mikrogasturbinen basierte BHKWs mit Kraft-Wärme-Kopplung als gute Möglichkeit, den Bedarf an Primärenergie zu senken, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und gerade in der Umstiegsphase einen Beitrag zur CO2-Neutralität zu leisten. Dies gerade durch kleine dezentrale Anlagen, die auch die Möglichkeit böten, regenerativ erzeugte Brennstoffe einzusetzen.
Informationen zu den bisherigen Vorträgen und aktuelle Veranstaltungen finden sie unter
www.haw-landshut.de/la-energiegespraeche.