Die Fachhochschule Landshut hat sich gerade im Bereich Leichtbau einen Namen gemacht. Dies zum einen durch die von BMW gestiftete Leichtbau-Professur und den Studienschwerpunkt Leichtbau. Seit etwa 3 Jahren bietet zusätzlich der Leichtbau-Cluster allen interessierten Unternehmen und Institutionen eine Plattform, auf der Fachinformationen und Erkenntnisse aus den verschiedensten Bereichen des Leichtbaus ausgetauscht werden. Im Rahmen dieses Clusters wurde das Landshuter Leichtbau-Colloquium in diesem Jahr zum zweiten Mal abgehalten.
Die Realisierung dieses Netzwerkes bezeichnete FH-Präsident Prof. Dr. Erwin Blum als Erfolgsgeschichte: „mit mittlerweile 139 Partner-Unternehmen und –Institutionen hat es der Leichtbau-Cluster geschafft, sich als Kompetenznetzwerk im Bereich Leichtbau zu etablieren.“ Hier fände nahezu idealtypisch der von den Fachhochschulen geforderte Transfer von Wissen und Technologie in die Wirtschaft statt.
Referenten, Fachaussteller und Teilnehmer - insgesamt 220 Personen - aus vielen verschiedenen Branchen, darunter Automobil-, Maschinen- und Möbelbau- sowie Luft- und Raumfahrt, nutzten dementsprechend das 2. Landshuter Leichtbau-Colloquium unter dem Motto "Leichtbau als interdisziplinäre und Branchen übergreifende Herausforderung" zum Informations- und Erfahrungsaustausch.
Leichtbau relevant für verschiedenste Anwendungen und Branchen
Spielte der Leichtbau anfangs vor allem in der Luft- und Raumfahrt eine wichtige Rolle, finden seine Gestaltungsprinzipien heute in den verschiedensten Produkten, vom Automobil über den Kühlschrank bis hin zum Möbelregal Anwendung. Je nach Branche und Technologiefeld variieren die Problemstellungen für den Leichtbau natürlich immens.
Eine Möglichkeit, Gewicht zu sparen, stellen beispielsweise Materialverbunde dar, da so die Eigenschaften verschiedener Werkstoffe für den jeweiligen Einsatzzweck optimal kombiniert werden können. So betrat BMW im Motorenbau durch die Entwicklung eines Verbundkurbelgehäuses Neuland. Dieses Kurbelgehäuse besteht aus einem Aluminiuminsert, das dem Bauteil Steifigkeit und Festigkeit verleiht und das mit dem leichteren Metall Magnesium ummantelt wird. Die Gewichtseinsparung im Vergleich zu einem reinen Aluminiumkurbelgehäuse beträgt ca. zehn Prozent.
Ein besonders anschauliches Beispiel für Produktinnovation mit Carbonfaser verstärkten Kunststoffen zeigte die Firma Die Wethje GmbH Kunststofftechnik aus Hengersberg zusammen mit der Fa. TTT aus Hamburg im Rahmen der Fachausstellung: Ein aus Carbonfaser-Kunststoff-Verbundwerkstoff gefertigter 3-Achs-Sattelauflieger mit 3,6 Tonnen Leergewicht, während die üblichen Modelle dieser Größenordung etwa fünf Tonnen wiegen. Sowohl das Voll-CFK-Fahrgestell, als auch der komplett montierte Trailer, der von der derzeitigen Erprobung in der Kiesgrube direkt an die Fachhochschule geliefert wurde, konnten besichtigt werden.
Ein wichtiges Thema sind auch neue Materialien, die trotz minimalem Gewicht über die nötige Festigkeit und Steifigkeit verfügen. Einen Ansatz bieten Schäume aus der Gruppe der sog. zellularen Werkstoffe. Neueste Ergebnisse zur Werkstoffcharakterisierung eines aus Recycling-Materialen, wie z.B. Flaschenglas, erzeugten Mineralschaums stellte Dipl.-Ing. Hubert Klaus vom Kompetenzzentrum für Leichtbau der FH-Landshut vor.
Bionik - die Natur als Vorlage
Einen besonderen Leckerbissen bot schließlich der Vortrag von Prof. Claus Mattheck vom Institut für Materialforschung am Forschungszentrum Karlsruhe. Sein Auftritt hatte Kultstatus: Mit Sonnenbrille, wallendem Haar und knielangen Lederstiefeln präsentierte sich der aus Dresden stammende Biomechaniker Prof. Dr. Mattheck. Er bedient sich der Natur als Vorlage für die belastungsgerechte Optimierung von Bauten, Bauteilen, etc.. Am „Selbstheilungsprozess“ von Bäumen zeigte er wie man mit minimalem Einsatz von Material ein Maximum an Festigkeit erreichen kann. Treten bei einem Baum z.B. bei einer Astgabel oder Kerbe Spannungskonzentrationen auf, werden diese ausgeglichen, indem an den stärker belasteten Stellen mehr Holz wächst.
Mit diesem Kniff optimiert Prof. Dr. Mattheck Form und Struktur technischer Bauteile, so sind beispielsweise Motorlagerungen heute durch die Anwendung seiner, der Natur entlehnten, Optimierungsalgorithmen um die Hälfte leichter und wesentlich belastbarer. Aber Formoptimierung, so Prof. Dr. Mattheck, bedarf nicht unbedingt des mathematisch aufwändigen Verfahrens der Finite-Elemente-Methode. Er stellte im Rahmen seines Vortrages ein Modell vor, mit dem „jeder mit einem Winkelmesser und einem Zirkel die Bauweise optimieren kann“. In seinem amüsanten und ansprechenden Vortrag zieht er für sich das Resümee: „Blöd nur, dass ich 10 Jahre gebraucht habe, das ´rauszufinden“.
LC-Manager Marc Bicker zeigte sich mit der Veranstaltung hoch zufrieden: „Die Resonanz hat unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen. Und auch die Qualität passte, dafür hatte ein Fachgremium um Prof. Dr. Otto Huber, Inhaber des Leichtbaulehrstuhls an der FH Landshut, gesorgt.“
Weitere Informationen zu den Vorträgen bieten die Fachbeiträge im Tagungsband oder immer unter www.leichtbau-colloquium.de.