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Biologische Landwirtschaft als wichtiger Baustein für den Klimaschutz

Im zweiten Vortrag der Landshuter Energiegespräche im Sommersemester 2024 stellte Biolandbauer Sepp Braun eine „nachhaltige Land- und Energienutzung in landwirtschaftlichen Betrieben“ vor. Er setzte bei seinem Vortrag an der Hochschule Landshut (6. Mai 2024) auf naturbasierte Lösungen, um die negativen Klimaauswirkungen umkehren zu können. Bodenfruchtbarkeit, Humusaufbau, Fruchtwechsel, den klugen Einsatz von Mischkulturen oder Forststreifen zwischen den Äckern und vor allem das Nutzen des Kühlungseffektes von Bäumen lauten einige seiner Empfehlungen.

Einen über die Bio-Landwirtschaft hinausgehenden Ansatz stellte Sepp Braun vor.
Einen über die Bio-Landwirtschaft hinausgehenden Ansatz stellte Sepp Braun vor.

Die Landshuter Energiegespräche befassen sich in diesem Semester in drei Vorträgen mit dem Thema „Nachhaltige Energieversorgung in der Landwirtschaft“. Mit dem Biobauern Sepp Braun könne man einen Pionier der Ökolandwirtschaft begrüßen, freute sich Prof. Dr. Marcus Jautze bei seiner Begrüßung der rund 120 Teilnehmer/-innen, die entweder an die Hochschule Landshut gekommen waren oder den Vortrag online verfolgten. Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Josef Hofmann betont die Bedeutung des Themas. Den Klimawandel und dessen Folgen wie bspw. Starkregenereignisse und Erderwärmung zu bekämpfen, könne nur unter Einbeziehung der Landwirtschaft angegangen werden. 

Vernetztes Ökosystem schaffen

Für Sepp Braun stellt das Thema eine Herzensangelegenheit dar, wie er betonte. Er plädiert für den Einsatz von naturbasierten Lösungen verbunden mit Technik, denn nur so könne die Leistungsfähigkeit der Natur wiederhergestellt, die grüne Lunge wieder aktiviert und der Klimawandel in den Griff bekommen werden. Man müsse sich zurückbesinnen und einfache Lösungen der Natur wieder berücksichtigen. Allerdings ist für die Rettung des Klimas zusätzlich ein Ernährungs- und Rohstoffwandel sowie eine Energiewende notwendig. So sollten weniger Zucker und weiße Getreide, weniger Fleisch und in der Konsequenz mehr Obst, Gemüse, Nüsse etc. verzehrt werden. Beim Rohstoffwandel sollte von synthetischen möglichst schnell auf naturbasierte Rohstoffe umgestellt werden. Dies vom Fahrzeugbau über Dämmstoffe bis hin zu Farben, Fasern und Kunststoffen, bei denen naturbasierte Rohstoffe Lösungen bieten.

In seinem Vortrag zeigte er das Potenzial eines anderen Zugangs zur Natur. So sei die Photosynthese ein Wunder, das es u.a. ermögliche, Energie zu speichern. Man müsse die Leistungsfähigkeit der Natur nutzen und nicht weiter auf Monokulturen setzen. Mischwald habe beispielsweise die doppelte Photosyntheseleistung wie Mais. Auch die Trennung von Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau müsse aufgehoben werden.

Bäumen seien in der Lage, die Atmosphäre abzukühlen. Nur auf die Reduktion von CO2 zu setzen, sei fraglich. So habe eine Eiche die Leistung von fünf Kühlaggregaten. Auch die Zunahme von landwirtschaftlichen Großbetrieben hätte negative Folgen gehabt, der Grundwasserspiegel sei enorm abgesunken. Bäume dienen als Wasserspeicher, binden CO2, erzeugen Sauerstoff und geben Wasserdampf ab. Würde man die vorher abgeholzten Flächen wieder mit Bäumen, z.B. als Hecken und Windbrecher, bepflanzen, auf Renaturierung mit Tümpeln und den Verzicht auf Monokulturen etc. setzen, könnte der Grundwasserspiegel in 20 Jahren wieder ausgeglichen sein, erläutert Braun.

Dies habe ein Beispiel in Juchowo (Polen) gezeigt: geänderte Fruchtfolgen, Kompostierung etc. sowie die Gestaltung, Renaturierung und Vernetzung der Landschaft z.B. mit Heckenstrukturen habe eine radikale Veränderung gezeigt, der regionale Wasserkreislauf sei wieder in Schwung gekommen. Die Politik sollte für Braun so geändert werden, dass es der Landwirtschaft möglich werde, ab sofort den Umbau anzustreben.

Schneller Erfolg beim Umstellen der Landwirtschaft

Wie ein solcher Umbau funktionieren kann, hat Braun am eigenen Hof gezeigt, den er 1988 auf Bioland umgestellt hat. Die Entwicklung gehe schnell, in sieben Jahren wachsen Pappeln sehr hoch und auch die Begrünung der Erde gehe schnell. Dabei gehe es nicht nur um Kühlung, sondern auch um weitere Faktoren. Hätte man bei den enormen Schäden vom Orkan Wibke noch die kleinteilige Landschaft von 1900 gehabt, wäre keine Katastrophe passiert, das habe eine PC-Simulation gezeigt.

Wenn Bäume großer wachsen können, habe man mehr Früchte, mehr Vögel und auch der Weizen wachse besser. Braun habe Heckenstrukturen eingeführt, auch um Hackschnitzel zu erzeugen, die über einen Vergaser und Pyrolyse für die Stromgewinnung genutzt werden. Es bleibe ein Pflanzenkohl übrig, der ein guter CO2-Speicher sei. Man müsse CO2 nicht in der Nordsee versenken, wie aktuell geplant. Bis nach dem zweiten Weltkrieg seinen viele Pyrolyse-Anlagen genutzt worden, Holzöl diente als Grundstoff für Farben und Plastik, auch darauf könnte man wieder zurückgreifen.

Bodenqualität als zentrales Anliegen

Doch besonders das Thema Boden - wie man ihn wieder fruchtbarer machen kann - ist für Braun von Bedeutung. Die Muttererde bestehe aus verschiedenen Schichten, wenn diese aber zerstört werden, habe das viele negative Auswirkungen. Die Böden mit ihren Organismengruppen müssten von der Biologie her wieder in Gleichgewicht gebracht werden. Ein besonders wichtiger Helfer sei dabei der Regenwurm: Er wandelt Ernterückstände etc. in Wurmhumus um, gräbt Röhren, in denen Wasser aufgenommen werden kann und in denen Wurzeln wachsen können. Regenwürmer lieben aromatische Gewürzkräuter, deshalb habe Braun in der Zwischenfrucht Kresse angebaut.

Irreparable Schäden an den Böden verursachen große Traktoren. Es sei nötig, hier kleinere Technik einzusetzen mit einer maximalen Achslast von 5 Tonnen und 0,8 bar Luftdruck. Beschädigte Böden seien für Ertragseinbusen in Höhe von 30 % verantwortlich. Und auch Überschwemmungen durch starken Regen hätten durch gesunde Böden stark vermindert werden können, da diese Wasser aufnehmen und auch daraus Trinkwasser ableiten. Braun fordert ein internationales Bodenschutzgesetz, sonst werde sich in diesem Bereich wenig verändern.

Boden sollte nicht verdichtet, sondern mit lebenden Pflanzen und ihren Wurzeln gebunden werden. Regenwürmer helfen, die Verdichtungen aufzubrechen, auch bei harten Böden, durch die Pflanzen nicht durchkommen. Um Humus aufzubauen, brauche es mehrere Pflanzenarten und Mischkulturen um einen optimalen stufigen Aufbau mit Wurzeln zu ermöglichen. „Jede Wurzel, die in den Boden geht, bindet CO2“, erklärt Braun. Wenn nur 3 % mehr Humus weltweit aufgebaut werde, wäre die Atmosphäre gekühlt und CO2 wieder in den Boden gespeist.

Eine negative Auswirkung der schlechter werdenden Böden sei auch, dass der Mineraliengehalt in Gemüsen enorm abgenommen hat. So habe der Mineralgehalt im Gemüse von 1940 bis 1991 bei Kupfer um 76 %, Kalzium um 46 und Eisen und Magnesium um rund ein Viertel abgenommen. Die Böden müssten so regeneriert werden, dass Pflanzen wieder vollwertig sind. Und wenn im Boden wieder mehr wertvolle Stoffe sind, nehme auch das Wasser diese auf.

Nach der Ernte von Getreide erfolge ab Mitte Juli keine Photosynthese mehr. Wenn wir tatsächlich CO2-minimieren wollen, muss Humus aufgebaut, Untersaaten mit grünen Pflanzen erfolgen, um die Atmosphäre abzukühlen. Mais könne bisher nicht nachhaltig angebaut werden und müsse zurückgefahren werden, entsprechende Rahmenbedingungen sind zu schaffen. Auch sollte Mist als wertvoller Dünger genutzt und dazu Gülle aufbereitet werden. „Aus einer stinkenden Soße entstehe ein gesunder Dünger“, wie Braun erklärt. Man müsse alles tun, um Energie im Boden zu lassen.

Ökologische Nutzvieh-Haltung

Der Bestand an Rindern werde sich wegen geänderter Nahrungsgewohnheiten um rein ein Drittel reduzieren, dies sei auch vernünftig. Der CO2-Ausstoß sinke und Rinder können wieder auf der Weide stehen. Beim Futter sollte auf kräuterreiches Heu umgestellt werden, dies wäre ein Segen für Kühe, Menschen und Natur. Bei den heutigen Rahmenbedingungen sei es aber nicht lohnend Heu zu machen, weil der Preis zu niedrig sei. Auch neue Beweidungssysteme mit intensiver Heckennutzung wären möglich. Ein Teil der Weide werde abgegrast, ein Teil bleibe stehen, kurze Gräser wachsen viel schneller, der Ertrag sei viel höher, die Artenvielfalt wachse, Wurzeln und der Humusgehalt nehme zu.

Artenreiches Grünland sei für den Humusaufbau wichtig. Dies bilde auch die Voraussetzung für gesunde Kühe. Bei den Hühnern könne es nicht sein, dass 320 Eier pro Jahr erwartet werden. Braun ging auch beim Füttern einen anderen Weg: gekeimtes Getreide wird an Hühner verfüttert, so könne man sich Soja etc. sparen. Im Obstgarten fressen die Hühner Würmer, die sonst ans Obst gehen. Schweine werden zusammen mit Kühen gehalten, bei Kälte liegen sie bei den Kühen. Sauen, Kühe und Hühner sollten wieder Resteverwerter sein und nicht wertvolle Stoffe fressen.

Insgesamt fordert Braun stabile Ökosysteme, die für die Landwirtschaft auch zusätzliche Einkommensquellen bieten. So fangen bereits Industrieunternehmen an, medizinische, synthetische Stoffe durch natürliche zu ersetzen. Heilpflanzen könnten wieder angebaut, Kreisläufe wiederhergestellt werden - weitere Einnahmequellen entstehen. Auch mehrjähriger Weizen wäre ein erfolgversprechender Ansatz, erste Züchtungsergebnisse gäbe es in den USA. Die Wurzeltiefe liege dabei bei mehr als drei Meter, beim einjährigen Weizen nur bei einem Meter. Auch so könne wieder Humus aufgebaut werden.

Der Ökologische Umbau sei keine Einbahnstraße, er bringt nicht nur Vorteile fürs Klima und die Biodiversität, sondern auch für den Menschen. Mediziner fordern weltweit die Abkehr von Monokultur, da ökologisch angebautes Gemüse, Getreide etc. viel gesünder für den Menschen sind. Also viele Gründe, die für einen Umbau der Landwirtschaft sprechen, so Sepp Braun, Biolandbauer aus Freising.

Einen über die Bio-Landwirtschaft hinausgehenden Ansatz stellte Sepp Braun vor.
Hochschulvizepräsident begrüßte die Teilnehmer/-innen.
Biolandbauer Sepp Braun berichtete über seine eigenen Erfahrungen bei der Umstellung auf Biolandwirtschaft.
Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Josef Hofmann (Sprecher Forschungsbereich Energie der Hochschule Landshut) moderierte die anschließende Diskussion.