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Brücken zwischen Orient und Okzident

Start der Türkei-Tage an der Hochschule Landshut

Prof. em. Dr. Richard Heinzmann sprach zum Auftakt der Türkei-Tage über die geschichtliche Entwicklung von Christentum und Islam
Prof. em. Dr. Richard Heinzmann sprach zum Auftakt der Türkei-Tage über die geschichtliche Entwicklung von Christentum und Islam

Am Montagabend hat Prof. em. Dr. Richard Heinzmann den Auftakt zu den Türkei-Tagen an der Hochschule Landshut gemacht. In seinem Vortrag „Brücken zwischen Orient und Okzident“ sprach er über die Voraussetzung für die geistige, kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung. „Das allein tragende Fundament für diese unverzichtbare Brücke sind die Menschenrechte in Verbindung mit der Religionsfreiheit“, so Heinzmann. Musikalisch wurde der Abend durch vier Musiker des bekannten Pera-Ensembles umrahmt. Unter der Leitung von Mehmet C. Ye?ilçay haben vier Instrumentalisten westliche Komponisten in östlicher Interpretation präsentiert. Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel eröffnete mit seiner Begrüßung die Türkei-Tage. „Ich wünsche uns allen eine interessante Reise zu den Berührungspunkten von Orient und Okzident. Nutzen Sie die Türkei-Tage, um Neues kennen und verstehen zu lernen.“ Als eine von 15 deutschen Hochschulen richtet die Hochschule Landshut im Rahmen des Deutsch-Türkischen Jahres der Forschung, Bildung und Innovation 2014 die Türkei-Tage aus. Die dreitägige Veranstaltung an der Hochschule Landshut wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die Geschichte kennen um Aktuelles zu verstehen

Prof. Heinzmann, Emeritus der Münchner Ludwig-Maximilians- Universität, stellte zu Beginn  seines Vortrags das Motto des Wissenschaftsjahres „Wissenschaft verbindet Nationen“ in Frage. „Ist es nicht die von den einzelnen Wissenschaften entwickelte Spitzentechnologie, die, im Krieg eingesetzt, die Nationen bis zur gegenseitigen Vernichtung trennt?“ Im weiteren Verlauf seines Vortrags ging Heinzmann auf die Geschichte des Verhältnisses der beiden großen Kulturen Christentum und Islam ein, er analysierte die eingangs aufgeworfenen Probleme und zeigte die Möglichkeit einer Lösung auf. „Wenn man etwas wirklich verstehen will, muss man nach den Ursachen fragen, nach den inneren und äußeren Anstößen, die einer Entwicklung zugrunde liegen.“

Über allem steht die Würde des Menschen

Hierbei blickte er zurück auf das abendländische Christentum des 12. Jahrhunderts und den Islam ab der Wende zum zweiten Jahrtausend. Beide Religionen sehen sich vor ähnliche Herausforderungen gestellt. „Die fundamentale Frage nach dem Verhältnis von Glaube und Wissen, von Religion und Philosophie, war ein gemeinsames, aktuelles Problem. Das galt zumindest so lange, als man bemüht war, beide, Glaube und Wissen, nicht zu völlig disparaten Größen auseinanderfallen zu lassen“. Unter dem Einfluss von Immanuel Kant emanzipierten sich im Abendland die Wissenschaften von der Religion. In der islamischen Philosophie und Theologie des Mittelalters fand dieser Prozess nicht in diesem Maße statt – obwohl es die orientalischen Philosophen gewesen waren, die diese Befreiung des Denkens ursprünglich angestoßen hatten. Zum Ende seiner Ausführungen gab Prof. Heinzmann einen positiven Ausblick: „Das Spannungsverhältnis zwischen Religion und Rationalität muss nicht in einer Antithese zerbrechen. Es kann auch, wie die christliche und muslimische Geschichte zeigen, zur Synthese gebracht werden.“ Die Voraussetzung hierfür sei, dass eine Religion bereit sei, sich hinterfragen zu lassen. „Die Würde des Menschen sollte als leitender Grundgedanke immer präsent sein.“

Klänge zweier Welten

Neben dem geschichtlichen Hintergrund präsentierten vier Musiker des Pera-Ensembles unter Leitung von Mehmet C. Ye?ilçay eine musikalische Reise in verschiedene Klangwelten. Das Ensemble ist nach einem Istanbuler Stadtteil benannt, der seit rund 2000 Jahren ein Schmelztiegel der Kulturen und Religionen ist. Das spiegelt sich auch in der Besetzung wider, denn im Ensemble treffen international renommierte Spezialisten der historischen Aufführungspraxis aus Europa auf die Elite der türkischen Kunstmusik. Für die Produktion »Baroque Oriental« wurde Pera 2012 mit dem Echo Klassik in der Kategorie »Klassik ohne Grenzen« ausgezeichnet.

Prof. em. Dr. Richard Heinzmann sprach zum Auftakt der Türkei-Tage über die geschichtliche Entwicklung von Christentum und Islam
Vier Musiker des preisgekrönten Pera-Ensembles spielten Klänge aus zwei Welten