Die Referenten*innen des Vortragsprogramms waren sich einig, dass alle Bereiche durch KI in rasanter Geschwindigkeit verändert werden und ein enormer Produktivitätsfortschritt zu erwarten sei. Um nicht den Anschluss zu verlieren, müsse KI jetzt in Unternehmen ausprobiert und umgesetzt werden, dies mit dem Fokus auf Deutschland und Europa und mit dem Einsatz von Open Source-Lösungen. Eine Posterpräsentation zeigte, dass KI an der Hochschule Landshut bereits in vielfältigen Projekten Einzug in Lehre und Forschung gehalten hat und damit die Basis für Praxiswissen und qualifizierte Fachkräfte gelegt wird. Gerade im Bereich KI sei eine exponentielle rasante Entwicklung mit disruptiven Auswirkungen zu erwarten, die alle gesellschaftlichen Systeme betreffen und mit gewaltigen Chancen aber auch Risiken verbunden seien, erklärte Hochschulpräsident Prof. Dr. Fritz Pörnbacher in seiner Begrüßung. Die Parlamentarische Staatssekretärin Daniela Kluckert beim Bundesminister für Digitales und Verkehr betonte in ihrem digitalen Grußwort, dass KI bereits im Alltag angekommen ist und atemberaubende Fortschritte macht. Sie könnte beispielsweise in der Medizinischen Früherkennung, beim autonomen Fahren oder auch der Übernahme von repetitiven menschlichen Tätigkeiten positive Auswirkungen haben. Dabei müssten die Chancen für den Menschen im Mittelpunkt stehen. Wichtige Themen seien dabei Transparenz und Qualitätsstandards. Auch müssten die Erkenntnisse der Forschung noch schneller in die Praxis umgesetzt werden, hierfür habe man die Initiative NITD Nationale Initiative zur KI-basierten Transformation in die Datenökonomie gestartet. Hier spielen Bildungseinrichtungen wie die Hochschule Landshut eine wichtige Rolle, dies auch, weil das enorme Potenzial der KI nur durch qualifizierte Fachkräfte und Absolventen*innen genutzt werden könne. In seiner Themeneinführung erläuterte Hochschulvizepräsident Prof. Dr. Marcus Jautze, dass KI-Systeme, die Daten aus der Vergangenheit nutzen und daraus Schlussfolgerungen ableiten, immer intelligenter werden. Es entstünden zunehmend automatisierte Systeme, die sich der Schwarmintelligenz bedienen und bei denen man nicht wisse, ob eine Maschine oder der Mensch dahintersteckt. Im Blick sollte man dabei eine bestmögliche digitale Teilhabe, insbesondere auch über Generationen hinweg behalten und gesellschaftlich mitdenken, welche Auswirkungen die Anwendung von KI haben kann. Dies bedeute für die Hochschule Landshut Herausforderungen bei Lehre, Weiterbildung und Forschung aber auch bei der Digitalisierung der Verwaltung.
Digitalisierung ermöglicht KI-Anwendungen
Im ersten Block der Veranstaltung, moderiert von Prof. Dr. Eduard Kromer (Hochschule Landshut), stand in zwei Vorträgen der digitale Wandel im Zeichen von KI im Mittelpunkt. Die Hochschule Landshut hat ihre Kompetenzen gerade im Bereich der KI stark verstärkt, Prof. Dr. Kromer freute sich, ankündigen zu können, dass ein KI-Kompetenzzentrum an der Hochschule Landshut am Entstehen sei, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Bund-Länderprogramms Forschung an Fachhochschulen. Lehre und Forschung im Bereich KI verstärkt auch der erste Referent, Prof. Dr. Christian Osendorfer, der über vielfältige Berufserfahrung im Bereich KI und Machine Learning verfügt und seit diesem Semester als Professor an der Hochschule Landshut tätig ist. Er betonte, das „Heute“ bei Themen wie Deep Learning, neuronale Netze und Algorithmen beginne für ihn damit, dass eine an der TU München entwickelte Anwendung im Jahr 2009 einen Wettbewerb zur Erkennung von Handschriften gewann. 2017 schließlich wurde ein wegweisendes Paper mit dem Titel „Attention is All you need“ zum Thema Machine Learning veröffentlicht, an dem Autoren beteiligt gewesen seien, die Unternehmen gründet haben, die heute Milliarden Wert seien. Grundlegend für KI, die unendlich viele Daten brauche, um Systeme zu trainieren und weiterzuentwickeln, sei die Digitalisierung, in der Prozesse abgebildet und auch verändert werden. Wichtig ist für ihn dabei, dass die Daten inhouse bleiben, die Digitalisierung sei etwas Zentrales für Unternehmen, die Daten solle man auch nicht an Cloud Provider geben. Man habe keine Sicherheit, was damit passiere, wenn man eine Cloud nicht selbst betreibe. Um gegen die riesige Zahl an Programmierern bei Google & Co in Europa oder auch Deutschland konkurrieren zu können, setzt er auf open Source-Lösungen: „Europas Schritt in die KI-Welt ist Open-Source“, ist er überzeugt, das sei unser Wettbewerbsvorteil. Lokale Ökosysteme müssten aufgebaut werden, Hochschulen könnten Mittelpunkt sein, um den sich andere scharen. Bei KI seien wir noch ganz am Anfang, sie basiere auf maschinellem Lernen, werde sich in Zukunft aber in eine ganz andere Richtung entwickeln. KI werde zentraler Bestandteil von wettbewerbsfähigen Unternehmen werden. Es gäbe keine bessere Zeit mit der Umsetzung zu starten als jetzt. Eine positive Einstellung in Unternehmen zur KI und ein entsprechendes Mindset fordert KI-Expertin Prof. Dagmar Schuller in ihrem Vortag. Auch sie lehrt seit diesem Semester an der Fakultät Informatik der Hochschule Landshut und ist Geschäftsführerin und Mitgründerin von audEERING sowie Expertin und Mitglied in nationalen Gremien. Chat GPT, das erst im September 2022 auf dem Tisch liege, sei nur der Anfang von generativer KI: Texte, Bilder, Audios oder auch Videos können generiert werden und damit in Sinnesbereiche vorstoßen, die weit über die Sprache hinausgehen. Aktuell sei KI besonders für den Bereich Prozessoptimierung und in der Kommunikation - durch automatisierte Bots - und die daraus resultierenden Kosteneinsparungen interessant. Aber besonders in der Generierung von neuen Produkten und Geschäftsmodellen sieht sie große Chancen. Als Hemmnisse für Unternehmen sieht sie u.a. die Komplexität der Umstellung und die nötigen Ressourcen. Gerade für die Umsetzung neue Gründungsideen sei das bei uns im Vergleich zu anderen Ländern nur in äußerst geringem Rahmen vorhandene Seed-Kapital problematisch. Eine KI-Regulierung durch die EU mit klaren Vorgaben für Unternehmen sei erforderlich und im Entstehen. Allerdings sei der aktuelle Entwurf dieses AI-Acts von der dynamischen technologischen Entwicklung überholt worden und durch Verbote gekennzeichnet. Betroffen sei hier z.B. auch die Emotionserkennung am Arbeitsplatz, die es z.B. ermögliche, durch die Analyse der Stimme 90 Prozent der Corona-Fälle zu erkennen. Allgemein plädiert sie für eine positive Einstellung zur KI: „Gründen Sie alle und bringen Sie es mit der Hochschule Landshut zum Laufen,“ appelliert sie an die Teilnehmer*innen.
Weiterbildung grundlegend, um im Arbeitsumfeld von KI profitieren zu können
„Auswirkungen der KI auf Arbeit und Gesellschaft“ lautete das Thema beim dritten Teil des Abends, moderiert von Prof. Dr. Sandra Eisenreich (Hochschule Landshut). Den Auftakt bildete die Keynote „Trends und Herausforderungen der Digitalisierung: Einfluss von Künstlicher Intelligenz / ChatGPT auf Lernen und Arbeiten“ von Dr. Holger Schmidt (TU Darmstadt), der auch als Buchautor und Co-Host des F.A.Z.-Podcasts „Künstliche Intelligenz“ bekannt ist. KI sieht er als Basistechnologie, die zu einem Sprung beim Wirtschaftswachstum sowie zu einem enormen Produktivitätsschub führen wird. Dabei werde Arbeit durch Kapital bzw. den Einsatz von KI unterstützt oder gar ersetzt, auch mentale Tätigkeiten könnten übernommen werden. Dies auch in bisher von der Automatisierung wenig betroffene Bereichen, von Finanzen und Softwareentwicklung über die Zeitungsredaktion bis zum Schreiben von juristischen Briefen Es sei wichtig, dass KI als den Menschen unterstützend eingesetzt werde, die Supervisor-Funktionen des Menschen gewinne an Bedeutung. Gerade Deutschland bilde aber in Umfragen zum geplanten Einsatz und den Nutzen von KI oft das Schlusslicht. Selbiges gelte für die Bereitschaft, sich im Bereich KI weiterbilden zu wollen. Gleichzeitig zeigen die Befragten aber auch die meiste Angst im Beruf zu den Verlierern der KI zu gehören. Kompetente Mitarbeiter/innen und damit auch Weiterbildung seien aber die Basis, um in diesem neuen Technologiefeld erfolgreich sein zu können. Abwarten sei eine gefährliche Strategie, der Zug sei losgefahren, gezogen von drei Loks. Damit diese Dynamik auch bei uns zu mehr Produktivität und Wohlfahrt führe, müsse man umdenken und möglichst schnell auf den Zug aufspringen. KI habe in der Medienbranche bereits Einzug gehalten, werde aber noch eine starke Entwicklung erfahren, erläuterte Johannes Hauner, verantwortlich für die Digitalisierung bei der Süddeutschen Zeitung Digitale Medien GmbH. So habe die SZ bei den letzten Landtagswahlen in Bayern die Meldungen zu den Ergebnissen in einzelnen Wahlbezirken inklusive der entsprechenden Grafiken über KI generiert. Die Arbeit von Redakteuren könne auch z.B. durch über KI erzeugte ständig aktualisierte Informationen oder durch das Zusammenfassen von Texten unterstützt werden. Natürlich können auch wesentlich tiefgreifendere KI-Anwendungen für eine komplett automatisiert erstellte Berichterstattung eingesetzt werden: So könne z.B. auch ein kompletter TV-Nachrichtenbeitrag mit Moderatorin erzeugt werden. Solange die Inhalte passen, sei dies positiv zu bewerten. Über Large Language Models sei eine Welt vorstellbar, in der alle medialen Inhalte automatisiert von Maschinen erzeugt werden. Generative KI ermögliche es, dass kein Unterschied mehr zwischen Fake und echten Nachrichten erkennbar ist. Dies berge natürlich Gefahren, dies gerade durch Fake-News oder Deep Fakes mit manipulativem Ansatz, die nicht mehr erkennbar sind. „Da müssen wir aufpassen, in Medien und Gesellschaft“, warnt er. Hauner glaubt aber daran, dass Qualitätsjournalismus weiterhin ein wichtiger USP (Unique Selling Proposition) bleiben werde. Dies einmal durch die bestehenden qualitativen Inhalte als Datenbasis für KI-Anwendungen, aber auch für die wichtige Rolle der Medien in der Gesellschaft.
KI an der Hochschule in vielen Bereichen von Forschung und Lehre präsent
Wie stark das Thema KI an der Hochschule Landshut in Forschung und Lehre bereits Einzug gehalten hat, verdeutlichte eine Posterpräsentation: 28 Poster zeigten fakultätsübergreifend die beeindruckende Vielfalt von Forschungs- und Studienprojekten sowie Abschlussarbeiten rund um Digitalisierung und KI. Die Autoren stellten die Inhalte ihrer Arbeiten in kurzen Pitches vor, im Anschluss gab es die Gelegenheit zum persönlichen Austausch und zur vertiefenden Diskussion der Themen. Die Themenbandbreite reichte von Generativer Design Software, Digitalem Zwilling und KI in der Produktionslogistik, über Schulwegsicherheit mittels Edge-Computing/5G, Gebärdensprachenerkennungsmodelle und automatisierte Bilderkennung in der Medizintechnik bis hin zu digitalen Beratungsangeboten professioneller Beratungsstellen für Essstörungen und Digitale Teilhabe von vulnerablen Gruppen. In der abschließenden Podiumsdiskussion, in der die Gäste Fragen einbringen konnten, betonte Schmidt die Möglichkeit, kleine fallbezogen GPT-Cases, nicht mit riesigen Datenmengen sondern mit qualitativen Daten, zu entwickeln. Für die Medienbranche könnte sich Hauner z.B. ein SZ-GBT vorstellen. Der Zug sei noch nicht abgefahren. Google und Co. hätten zwar einen großen Vorsprung im Bereich der KI, Kompetenzen seien aber auch hier vorhanden, Kerntechnologien wie etwa Tranformer stammen aus Deutschland und Europa könne als offene Entwicklergemeinde mit Open Source punkten, ist Prof. Dr. Osendorfer überzeugt. Um Aufholen zu können, fordert Prof. Schuller, Erkenntnisse der Grundlagenforschung, in der wir gut sind, schneller in den Markt zu bringen. Strukturelle Hemmnisse wie fehlende Fördermittel müssten verbessert und das Mindset zu einer besseren Fehlertoleranz und einem Maker-Ansatz verändert werden. Auch Dr. Schmidt plädiert für mehr Investitionen im deutschen und europäischen Raum. Einig sind sich die Referenten, dass eine schnelle Digitalisierung Basis für die erfolgreiche Umsetzung von KI-Projekten sein muss. Weitere Informationen, die vorgestellten Poster sowie Ansprechpartner zu den Themen sind unter
www.haw-landshut.de/hochschulforum zu finden.Fotos: Hochschule Landshut
(frei zur Verwendung bei Angabe der Quelle)