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Erdwärme für Strom- und Wärmegewinnung nutzen

Der Auftakt der Landshuter Energiegespräche der Hochschule Landshut im Sommersemester 2025 zeigte das Potenzial der Tiefen-Geothermie für die Energiewende am Beispiel eines Projektes des Unternehmens Eavor in Geretsried.

Prof. Dr. Josef Hofmann (Sprecher Forschungsbereich Energie der Hochschule Landshut) bei der Vorstellung des Referenten Alexander Owolabi (Eavor).
Prof. Dr. Josef Hofmann (Sprecher Forschungsbereich Energie der Hochschule Landshut) bei der Vorstellung des Referenten Alexander Owolabi (Eavor).

Die Landshuter Energiegespräche der Hochschule Landshut wollen in diesem Semester Alternativen und Perspektiven für eine erfolgreiche Energiewende aufzeigen, wie Vizepräsident Prof. Dr. Marcus Jautze in seiner Begrüßung erklärte. Bei der Auftaktveranstaltung in diesem Semester am 07. April 2025, an der rund 70 Teilnehmerinnen in Präsenz oder online teilnahmen, präsentierte Alexander Owolabi (EavorTM) eine neue Technologie der (Tiefen-)Geothermie, die aktuell in Geretsried weltweit erstmals zum Einsatz kommt. 

In Bayern setzt man bisher beim Thema Geothermie auf heiße wasserführende Schichten (hydrothermal) in relativ geringer Tiefe. Doch gibt es auch Ansätze, die deutlich tiefer gehen und die Wärme im Erdinneren nutzen, die auch noch in Tausenden von Jahren zur Verfügung stehen wird. Und da 50 Prozent des Energiebedarfs durch Wärme entsteht, könnte die Tiefen-Geothermie eine wertvolle Option bei der Energiewende sein, wie Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Josef Hofmann erläuterte.  

Grundlastfähige, skalierbare und saubere Alternative

Das Unternehmen EavorTM wurde 2017 in Calgary (Kanada) gegründet, um Geothermie zu skalieren. In Geretsried entstehe die weltweit erste kommerzielle Tiefen-Geothermie-Anlage, bei der die Eavor-Closed-Loop-Technologie zur Anwendung kommt, wie Alexander Owolabi in seinem Vortrag erklärte. Die Technologie biete eine grundlastfähige, skalierbare und saubere Alternative zur Energie- und Wärmeversorgung durch die Nutzung von Erdwärme in großen Tiefen. Und diese stehe im Gegensatz zu heißen Wasserschichten nahezu überall zur Verfügung. Eine erste Pilotanlage, 2019 in Calgary entstanden, habe die Machbarkeit bewiesen, in Geretsried werde nun das weltweit erste kommerzielle Projekt realisiert. Weitere seien in Deutschland geplant. 

Grundsätzlich steige die Temperatur pro 1000 Meter Tiefe um ca. 30° Celsius. Bei einem höheren Bedarf an Wärme müsse man tiefer bohren, um höhere Temperaturen zu erreichen. Bei der Eavor-Closed-Loop-Technologie werden mit zwei Bohranlagen zwei vertikale Bohrungen vorgenommen und verrohrt, in Geretsried bis zu einer Tiefe von 4.500 Meter. Es folgen 12 (sub-)horizontale Bohrungen: Diese lateralen Kanäle werden zu Loops verbunden und nach außen versiegelt. So entsteht ein Wärmetauscher mit geschlossenem Wasserkreislauf. 

In Geretsried sind 4 solcher Loops geplant, der erste soll noch in diesem Jahr fertiggesellt werden. Nach einer Anlaufphase sei aufgrund des Dichteunterschieds keine Energie notwendig, um das System am Laufen zu halten. Dies bedeute geringe Betriebskosten bei einer garantierten Laufzeit von 30 Jahren, die allerdings auch deutlich länger sein könne.    

Großer Entwicklungsbedarf war für Realisierung nötig

Zusätzlich zu geologischen Voruntersuchungen (in Geretsried lagen durch vorherige konventionelle, hydrothermale, jedoch nicht fündige Geothermiebohrungen viele Informationen bereits vor) sei zur Realisierung der Anlage viel Entwicklungsarbeit notwendig gewesen: dies von modernster Bohrtechnik gerade in den Lateralsektionen und dem EavorLinkTM-Verfahren, bei dem die Ortung und Verbindung der Leitungen über Magnetic Ranging erfolge, bis hin zu Versiegelung der Bohrlöcher mittels Rock-PipeTM-Technik. Das nötige Kapital haben die Europäische Investitionsbank, der EU-Innovationsfonds sowie Industriepartner zur Verfügung gestellt 

In Geretsried wird in einem ersten Schritt Strom produziert werden. Wenn das Fernwärmenetz fertig sei, solle die Wärmeeinspeisung über die ILN Isar Loisach Naturwärme GmbH erfolgen. Geplant seien 4 Eavor-Loops, 12 Lateralpaare pro Loop, mit einer Gesamtbohrlänge von ca. 320 km, ca. 80 km pro Loop. Hier habe man in Geretsried mit den zwei längsten Geothermie-Bohrungen der Welt einen Rekord aufgestellt. Die Obertage-Anlage zur Strom- und Wärmeerzeugung sei bereits fertiggestellt, die Wärmeleistung der Anlage werde bei ca. 64 MWth, die Stromproduktion bei 8.2 MWel liegen.

Während hydrothermale Geothermie nur an wenigen Orten möglich sei, liege der Vorteil der Closed-Loop-Technologie darin, dass man sie nahezu überall nutzen könne. Durch Neuentwicklungen und auch die Lernkurve beim aktuellen Projekt werden sich die Kosten für eine entsprechende Anlage deutlich reduzieren, ist Owolabi überzeugt. Im Vergleich zu Gas sei man aktuell bereits kostengünstiger. Das Unternehmen habe enorme Ausbauziele bis zum Jahr 2040. Die größte Herausforderung dabei laute, adäquates Personal zu finden. Dabei hofft er auch auf die Absolventinnen und Absolventen der Hochschule Landshut.

Weitere Veranstaltungen der Landshuter Energiegespräche im Sommersemester 2025

Termin: Montag, 19. Mai 2025, Beginn: 18.30 Uhr
Ort: Hochschule Landshut & ONLINE

Vortrag/Diskussion:
Alternative Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren von Nutzfahrzeugen und mobilen Arbeitsmaschinen – Messwerte im Fahrbetrieb und ganzheitliche Bilanzierung
Referent: Prof. Dr. Ralph Pütz, Hochschule Landshut

Termin: Montag, 30. Juni 2025, Beginn: 18.30 Uhr
Ort: Hochschule Landshut & ONLINE

Vortrag/Diskussion:
Stand und Perspektiven der Energiewende
Referent:
Prof. Dr. Josef Hofmann
Sprecher Forschungsbereich Energie, Hochschule Landshut

Weitere Infos und Ameldung
Prof. Dr. Josef Hofmann (Sprecher Forschungsbereich Energie der Hochschule Landshut) bei der Vorstellung des Referenten Alexander Owolabi (Eavor).
Hochschulvizepräsident Prof. Dr. Marcus Jautze bei der Begrüßung der Gäste.
Rund 70 Teilnehmer/-innen folgten dem Vortrag von Alexander Owolabi (Eavor).
Alexander Owolabi (Eavor) präsentierte in seinem Vortrag eine neue Technologie der (Tiefen-)Geothermie.