Öffentliche Verkehrsmittel klimaschonend und kostengünstig zu betreiben ist angesichts der globalen Erwärmung unumgänglich. Bei Nahverkehrs-Bussen könnte das einfacher sein als oft angenommen: Laut einer Studie von Prof. Dr.-Ing. Ralph Pütz, Experte für Fahrzeugtechnik an der Hochschule Landshut, sind moderne Dieselbusse sowohl ökologisch als auch ökonomisch gesehen die beste Lösung – wenn sie mit dem regenerativen Kraftstoff HVO100 nach dem Standard EN 15940 betankt werden. Dieser wird aus Rest- und Abfallstoffen wie beispielsweise gebrauchtem Frittierfett und aus nachhaltigen, nicht mit der Nahrungskette konkurrierenden Pflanzenölen gewonnen. Nachdem Pütz seine Ergebnisse im Landshuter Werksenat vorstellte, entschied dieser: In zwei Linienbussen der Stadtwerke Landshut wird der nachhaltige und kostengünstige Kraftstoff für ein Jahr in der Praxis erprobt.
Den gesamten Lebenszyklus von Verkehrssystemen betrachten
Um die Kosten und klimaschädlichen Emissionen verschiedener Antriebsarten zu vergleichen, entwickelte Pütz, der an der Hochschule Landshut an der Fakultät Maschinen- und Bauwesen lehrt, elf verschiedene Szenarien auf Basis eines tatsächlich existierenden, mittleren deutschen Verkehrsunternehmens. Er arbeitete mit verschiedenen alternativen Dieselkraftstoffen, darunter der regenerative Kraftstoff HVO100. Außerdem betrachtete er einen Hybrid-Bus, mit Erdgas und Biogas betankte Busse, mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeuge sowie Batteriebusse. Als Referenz diente der mit herkömmlichem, fossilem Kraftstoff befüllte Dieselbus.
Ein Aspekt war für Pütz bei seinen Untersuchungen besonders wichtig: „Für eine umfassende ökologische und ökonomische Bewertung von Fahrzeugflotten müssen alle Stationen des Lebenszyklus von Verkehrssystemen betrachtet werden“. Es dürfe nicht nur auf den Fahrbetrieb geschaut werden. Kosten und Emissionen, die beispielsweise bei der Herstellung und Entsorgung der Fahrzeuge oder bei der Bereitstellung des Kraftstoffs entstehen, müssten genauso miteinbezogen werden. „Auch die Instandhaltung nebst Ersatzkomponenten im heute 16- bis 18-jährigen Busleben beim ersten Betreiber darf nicht ausgeblendet werden“, sagt Pütz.
Es sei darüber hinaus zu bedenken, dass vermeintlich umweltfreundlich betriebene Batteriebusse im Winter aufgrund der Energie für die Heizung, die aus dem limitierten Energievorrat der Batterie stammt, erheblich an Reichweite verlieren. Bei längeren Fahrstrecken und in der Morgenspitze seien deshalb mehrere E-Busse nötig, um einen Dieselbus zu ersetzen. Dies führe zu hohen Anschaffungskosten und einem hohen Ausstoß von umweltschädlichen Emissionen bei der Herstellung der Fahrzeuge. Zudem seien zusätzliche Fahrer notwendig, die auf dem Markt kaum verfügbar sind und bei jedem Nahverkehrsbus rund 50 Prozent der Kilometerkosten ausmachen.
Umweltfreundlich fahren mit Altöl und -fett
Bezieht man all diese Faktoren ein, kommt man laut Pütz zu einem klaren Ergebnis: Mit dem Kraftstoff HVO100 betriebene Dieselbusse sind ökologisch und ökonomisch gesehen nahezu unschlagbar. Das liegt unter anderem daran, dass der Kraftstoff ausschließlich aus zertifizierten Rest- und Abfallstoffen und aus nachhaltigen, nicht mit der Nahrungskette konkurrierenden Pflanzenölen besteht. Das Kürzel „HVO“ steht für Hydrated Vegtable Oils. Neben pflanzlichen Altölen können auch gebrauchte tierische Fette zum Einsatz kommen. „Von dem Treibstoff wären ausreichende Mengen vorhanden, um die gesamte Busflotte des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland zu versorgen“, hebt Pütz hervor.
Experte plädiert für Technologieoffenheit und genaues Hinsehen
Weder Batteriebusse noch solche, die mit Wasserstoff betrieben werden, können bei der Umwelt- und Kostenbilanz von mit HVO100 betankten Dieselbussen mithalten. Das liege, so Pütz, auch daran, dass passende Dieselbusse in Verkehrsbetrieben wie den Landshuter Stadtwerken bereits im Einsatz sind. Statt teure E-Busse neuanzuschaffen, deren Herstellung zudem sehr emissionsreich ist, könnten Fahrzeuge, die bereits im Betrieb sind, einfach mit dem umweltfreundlichen Kraftstoff befüllt werden. Pütz plädiert daher für Technologieoffenheit und genaues Hinsehen: Man müsse exakt prüfen, ob vermeintlich umweltfreundliche Lösungen wie E-Busse über den gesamten Lebenszyklus hinweg wirklich die bessere Alternative seien. Die entsprechende Richtlinie der EU, die Clean Vehicles Directive, welche nur den Fahrbetrieb in Betracht zieht und E-Busse als „emissionsfrei“, mit HVO100 betankte Dieselbusse aber nur als „sauber“ klassifiziert, müsse dringend angepasst werden.
Foto: Ralph Pütz
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