Ein Forschungsprojekt an der Hochschule Landshut soll es ermöglichen, das Leichtbaupotenzial von Magnesiumfeinblechen im Automobilbau auszuschöpfen. Zwischenergebnisse und die weitere Vorgehensweise auf dem Weg zu einer Betriebsfestigkeitsanalyse für das vielversprechende Material besprachen die Partner des gemeinsamen Forschungsprojektes „MagFest“ kürzlich bei einem Meeting unter Federführung des Kompetenzzentrums Leichtbau der Hochschule Landshut (LLK).
Das Ziel dieses Vorhabens ist die Entwicklung eines Verfahrens zur Betriebsfestigkeitsanalyse für dünnwandige Strukturen aus Magnesiumknetlegierungen. Magnesium eignet sich aufgrund seiner besonders niedrigen Dichte von ca. 1,7 g/cm³ (mehr als viermal weniger als Stahl) und guten mechanischen Eigenschaften sehr gut als Leichtbauwerkstoff u.a. für den Automobilbau. Durch Variation der Legierung sind bessere Korrosionseigenschaften und eine höhere Duktilität (plastische Verformung) umsetzbar. Darüber hinaus eröffnen Magnesiumbleche neue Formleichtbaupotenziale über dünnwandige, flächige Strukturen und Leichtbauprofile. Konstruktionen aus Magnesiumguss wie Getriebegehäuse finden bereits breite Anwendung im Automobilbau. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist der Einsatz von Magnesiumfeinblechen jedoch erst seit der Entwicklung neuer Fertigungsverfahren wie z.B. dem Gießwalzen sinnvoll.
Da sich das mechanische Verhalten von Magnesiumknetlegierungen stark von anderen im Automobil verwendeten Metallen unterscheidet, muss vor dem Einsatz in der Serienproduktion ein Verfahren entwickelt und verifiziert werden, mit dem die Betriebsfestigkeit von dünnwandigen Blechstrukturen aus Magnesiumknetlegierungen analysiert werden können. Mit Hilfe des neuen Verfahrens und einer Betriebsfestigkeitssoftware soll es möglich werden, die Lebensdauer von Magnesiumblechbauteilen deutlich genauer zu berechnen, als es derzeit möglich ist. Diese wollen die Projektpartner Adam Opel AG (Rüsselsheim), CADFEM GmbH (Grafing bei München), Magnesium Flachprodukte GmbH (Freiberg) sowie dem Gießereiinstitut der Technischen Universität Bergakademie Freiberg in dem gemeinsamen Forschungsprojekt „MagFest – Betriebsfestigkeitsanalyse für Leichtbaustrukturen aus Magnesiumknetlegierungen“ durchführen. Gefördert wird das bis 2015 laufende Forschungsprojekt unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Otto Huber (LLK, Hochschule Landshut) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Forschungsprogramm „FHprofUnt“.
Erster Schritt: Materialcharakterisierung
In den ersten Meilensteinen des Projektes stand die Charakterisierung des Materials im Mittelpunkt. Dabei erwies sich die Magnesiumlegierung AM50 als besonders homogen und geeignet für den Einsatz in der Automobilproduktion. Ein besonderes Augenmerk lag bei den Untersuchungen auf mechanische Phänomene wie z.B. der Zug-Druck-Asymmetrie und den nicht monotonen Hystereseästen des zyklischen Spannungs-Dehnungs-Verlaufs sowie auf dem Belastungs-Reihenfolgeeinfluss. Ein numerisches Modell zur Beschreibung von Spannungs-Dehnungs-Hysteresen unter beliebiger Dehnungs-Zeit-Funktion stellte Josef Denk (Masterand, LLK) vor. Bei Magnesiumknetlegierungen können mit den gebräuchlichen Methoden aufgrund der Asymmetrie keine Spannungs-Dehnungs-Hysteresen beschrieben werden. Aus diesem Grund wurde eine geeignete mathematische Funktion entwickelt und vorgestellt, mit welcher eine gute Übereinstimmung zwischen Rechenmodell und Versuch erreicht wird. Diese Funktion benötigt sechs Konstanten welche aus Versuchen bestimmt werden müssen. Es wurde ein Matlab-Programm vorgestellt, mit welchem automatische Auswertungen und Vergleiche erstellt werden können. Das Modell ermöglicht zudem, Last-Reihenfolgeeinflüsse zu berücksichtigen.
Schädigungsmodell zur Lebensdauervorhersage
Ausgehend von diesen Ergebnissen und zusätzlichen Untersuchungen entwickelte Johannes Dallmeier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LLK, ein energiebasiertes Schädigungsmodell für die Magnesiumknetlegierung. Es flossen Ergebnisse aus dehnungs- und spannungsgeregelten Versuchen ein. Dabei zeigte sich, dass mehrere Parameter zusammengenommen einen Einfluss auf die Schädigungen haben. Er entwickelte einen „energiebasierten Schädigungsparameter“ mit gewichteten Anteilen der unterschiedlichen Dehnungsenergiedichten, mit welchem sich deutlich bessere Korrelationen gegenüber anderen Modellen erreichen lassen. Dieses Schädigungsmodell wird in Kürze in der Fachpresse vorgestellt.
Die berechneten Ergebnisse sollen im weiteren Verlauf des Projektes mit experimentellen Untersuchungen zur Schadensakkumulation und zum Reihenfolgeeinfluss optimiert werden und so eine zuverlässige Lebensdauervorhersage ermöglichen. Es wird ein Prototypenbauteil am Kompetenzzentrum Leichtbau modelliert und dessen Lebensdauer numerisch berechnet. Ziel ist es, das Bauteil so zu gestalten, dass die Lebensdauer gegenüber dem ursprünglich verwendeten Stahlteil gleichbleibt und das Gewicht deutlich reduziert wird.
Das Foto zeigt die Teilnehmer des Treffens v.l.n.r: Alexander Oks, Josef Denk (beide Kompetenzzentrum Leichtbau), Markus Meingast (CADFEM GmbH), Johannes Dallmeier (Kompetenzzentrum Leichtbau), Dr.-Ing. Boris Künkler (Opel AG), Prof. Dr.-Ing. Otto Huber (Kompetenzzentrum Leichtbau), Prof. Dr.-Ing. Klaus Eigenfeld (Gießerei-Institut der Technischen Universität Bergakademie Freiberg), Dr.-Ing. Hans-Peter Vogt (Magnesium Flachprodukte GmbH)