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Innovationsforum zeigt Potenzial von KI-Lösungen

Die Hochschule Landshut zeigte beim „Innovationsforum KI & Postersymposium Medizintechnik“ eine große Bandbreite von in Forschung und Lehre entwickelten Anwendungen für Industrie und Medizintechnik und vielfältige Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz.

Der Clinical Impact müsse bei Gründungen im Bereich der Medizintechnik im Vordergrund stehen, ist Dr. Julia Moosbaier (deepc GmbH) überzeugt.
Der Clinical Impact müsse bei Gründungen im Bereich der Medizintechnik im Vordergrund stehen, ist Dr. Julia Moosbaier (deepc GmbH) überzeugt.

Am 27. Juni 2024 fand an der Hochschule Landshut das Innovationsforum „Anwendung von KI in Industrie und Medizin“ in Verbindung mit dem 3. Postersymposium Medizintechnik statt. Diese Veranstaltung zog rund 160 Teilnehmer an, darunter Studierende, wissenschaftliche Mitarbeitende, Professoren und Vertreter aus Wirtschaft und Medizin, die das transformative Potenzial der Künstlichen Intelligenz für Industrie und Medizin erlebten.

Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, sich durch drei inspirierende Keynotes, eine tiefgreifende Podiumsdiskussion sowie zwei interaktive Postersessions von den weitreichenden Anwendungsmöglichkeiten und dem Nutzen der KI und des Deep Learning zu überzeugen. Die Präsentation von 45 praxisorientierten Projekten aus Forschung und Lehre unterstrich den starken Praxisbezug der Hochschule Landshut und ihr Engagement für zukunftsweisende Technologien.

Hochschule Landshut setzt intensiv auf das Thema KI

Die Nutzung von KI schafft völlig neue Chancen und Möglichkeiten, bietet neue Business-Cases und wird zu großen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft führen. Da sich auch in der Medizintechnik viele Themen mit dem Einsatz von KI beschäftigen, wurden das Innovationsforum KI und das bereits in den letzten Jahren erfolgreich vom Forschungsbereich Medizintechnik durchgeführte „Postersymposium Medizintechnik“ in Form einer gemeinsamen Veranstaltung ausgetragen. Der Forschungsbereich Medizintechnik nutzt Kompetenzen aus fast allen Fakultäten der Hochschule Landshut und deckt damit sehr unterschiedliche Themengebiete - häufig auch im Bereich der KI und des Deep Learning - ab, erklärte Prof. Dr. Stefanie Remmele, Sprecherin des Forschungsbereichs Medizintechnik.

Die Hochschule Landshut greift in den letzten Jahren verstärkt das Querschnittsthema Künstliche Intelligenz auf. Durch die Gewinnung hochkarätiger Professoren sowie der Einrichtung eines eigenen KI-Kompetenzzentrums mit skalierbarer Infrastruktur – gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Projekt KIEBITZ (KI-Infrastruktur für Exzellenz in Bildung, Innovation, Transfer und Zusammenarbeit) – werden die Grundlagen für innovative Forschungsarbeiten geschaffen. Bereits heute werden viele Projekte in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Hochschule und in Kooperation mit Partnern aus der Praxis umgesetzt. „Unser KI-Kompetenzzentrum bietet die Möglichkeit, das Potenzial der Künstlichen Intelligenz intensiver zu erschließen“, freute sich Prof. Dr. Eduard Kromer, Leiter des KI-Kompetenzzentrums und des Projekts KIEBITZ. 

Prof. Dr. Marcus Jautze, Vizepräsident für Digitalisierung, Gründung und Weiterbildung der Hochschule Landshut, bedankte sich bei seiner Begrüßung für das Engagement aller an der Veranstaltung Beteiligten. Gerade die Vielfalt der Themen der präsentierten Poster und Demonstratoren zeige, wie viel Dynamik in diesem Bereich stecke. Die Veranstaltung biete zusätzlich eine Gelegenheit zum Austausch zwischen Hochschule und Unternehmen, die Basis für viele weitere gemeinsame Projekte bilden könnte.

Best Practice, Chancen und Herausforderungen bei aktuellen KI-Entwicklungen

Drei Keynotes zeigten Praxisbeispiele und befassten sich mit der Frage, wie KI-Anwendungen erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden können.  Die Realisierung von Lösungen, basierend auf maschinellem Lernen, schaffe enorme Möglichkeiten, sei allerdings sehr komplex, wie Dr. Justin Bayer von der Volkswagen AG in seiner Keynote „Practical Autonomous Systems" ausführte. Anhand von Spezifikation und Problem nach einer Lösung zu suchen, stelle den traditionellen Weg einer technischen Entwicklung bzw. einer Regelung dar.

Besser wäre es hingegen, wenn nur eine Anfrage gestellt werden müsste und man die Lösung dann geliefert bekomme. Hier kommen Machine Learning oder lernende Systeme ins Spiel. Indem man diese Systeme besser mache, die Software ändere, entstünde beispielsweise in der Produktion enormes Potenzial und ein unglaublicher Hebel. Am Ende müsse ein Modell entstehen, das Idee und Daten „verheiratet“. In seiner Arbeit im Machine Learning Research Lab und auch für die Praxisumsetzung von Ideen, sei die Kombination von Wissenschaft - die Frage, ob etwas funktioniert - und Engineering mit der Überlegung, wie etwas umgesetzt wird, grundlegend.

In der zweiten Keynote zeigte Dr. Julia Moosbauer (COO der deepc GmbH, München) den Weg von der Forschungsarbeit zum Produkt auf, bei dem im Bereich der Medizintechnik von Anfang an die Frage nach dem Clinical Impact, dem Nutzen für den Patienten, im Vordergrund stehen müsse. Das Angebot und die Anzahl von KI-unterstützten Medizintechnik-Produkten ist in kurzer Zeit enorm gestiegen, 80 Prozent stammen von Start-ups und KMUs, erläutert Prof. Dr. Stefanie Remmele in ihrer Einführung. Ein Problem beim Einsatz von Medizintechnik-Lösungen, die viele Vorteile für Diagnostik usw. bieten, sei der Zugriff darauf.

Hier setzt das 2019 gegründete Start-up „deepc“ an, das KI-Lösungen im Bereich der Radiologie über eine eigene Plattform – mittlerweile auch international - zugänglich macht. Dr. Moosbauer empfiehlt Start-ups in Deutschland, bei Forschung und Entwicklung von Anfang an den Clinical Impact an den Anfang der Überlegungen zu stellen, sich speziell im Medizinbereich auf Sicherheit zu fokussieren, ein Geschäftsmodell zu überlegen und erst dann in den Entwicklungsprozess zu gehen. Als Problem sieht sie gerade für KI-Start-ups, wie sie an die dringend benötigten, qualifizierten Daten kommen, um die Systeme trainieren zu können.

Eine Schwierigkeit, die Prof. Dr. Michael Schmidt, Universität der Bundeswehr München, nicht hat: Der Professor für Erdbeobachtung kann in seiner Forschung u.a. auf von Satelliten generierte Daten des von der Europäischen Kommission finanzierten Programms „Copernicus“ zurückgreifen. In seiner Keynote betonte er, dass es auch im Bereich der Erdbeobachtung der Einsatz von Deep Learning und KI zu disruptiven Veränderungen geführt habe.

So sei es z.B. möglich geworden, über die Kombination von optischen- und Radar-Bildern ein Vegetations-Monitoring oder Kartierung auch bei wolkenverhangenem Himmel durchzuführen. Auch habe man ein Verfahren entwickelt, mit dem sich aus einzelnen Radarbildern dreidimensional modellierte Geomodelle erstellen lassen. Gerade die Höhe abzubilden sei dabei eine riesige Herausforderung gewesen. Viele Unternehmen seien im Bereich der Erdbeobachtung entstanden, die die neuen Möglichkeiten von Deep Learning und von entsprechenden Algorithmen erfolgreich nutzen.

KI-Lösungen mit beschränkten Datenmengen selbst entwickeln

Eine Podiumsdiskussion mit den Keynote-Speakern, moderiert von Prof. Dr. Hannah Jörg und Prof. Dr. Christian Osendorfer, bot weitere Impulse zum zukünftigen Einsatz von KI-basierten Technologien.  Bei der Frage, wie KI-Innovationen in die Umsetzung gebracht werden können, warnt Dr. Justin Bayer davor, auf Hypes zu setzen. Diese seien kurzlebig und gingen schnell wieder vorbei, ehe man eine gewisse Technologiereife erreichet und ein Projekt auf die Ebene der Produktion gebracht habe.

Für Dr. Julia Moosbauer spielt die Dateninfrastruktur, die man benötige, um an Daten zu kommen, eine wichtige Rolle. Auch seien die dokumentierten Fallzahlen bei vielen Krankheiten gering und die Entwicklungskosten sehr hoch, das mache ein Kostenmodell schwierig. Sie wünscht sich eine zentrale Datenstruktur, auf die man zugreifen kann und ist überzeugt, dass dadurch viele Innovationen in kleinen, flexiblen Start-ups entstehen könnten.

Der Großteil der physikalischen Welt ist für Dr. Bayer noch gar nicht vermessen, dies biete große Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle, gerade mit überschaubaren Datenmengen, die man sich selbst beschaffen könne. Hier sieht Prof. Dr. Schmitt auch Chancen u.a. für die Hochschule Landshut, die im „ländlichen“ Raum einen Mehrwert schaffen und zusammen mit KMUs Lösungen entwickeln könne. Dies bestätigt auch Dr. Moosbauer, die zusammen mit der Hochschule Landshut bereits Projekte realisiert hat.

Große Bandbreite an Forschungsthemen präsentiert

Einen Einblick in die vielen Projekte, in denen an der Hochschule Landshut Lösungen realisiert wurden, gaben zwei Postersessions. Diese wurden von vielen Besuchern als weiteres Highlight der Veranstaltung wahrgenommen und zeigten, wie vielfältig die Anwendungsmöglichkeiten und die Projektlandschaft der Hochschule im Bereich Medizintechnik und KI ist: Die Bandbreite der Themen reichte von Medizinthemen – wie z.B. im 3D-Druck hergestellten individuell angepassten Gesichtsorthesen, Augmented Reality für die Unterstützung von Operationen, Virtual Reality zur Mobilisierung von Kindern mit Fatigue Syndrom nach einer Covid-Erkrankung oder den Einsatz von 3D CT-Vermessung als Unterstützung bei Operationen in der Beckenchirurgie – bis hin zur Verifikation der Sicherheit von autonomen Systemen, KI-basierter Fahrerverhaltenserkennung beim Motorrad und dem Programmieren eines Quadrupeds (Roboterhund), der in Unternehmen zur Inspektion eingesetzt wird.

Viele Teilnehmenden nutzten die Gelegenheit, sich bei den anwesenden Autoren über die entwickelten Lösungen zu informieren, selbst unter Einsatz einer VR-Brille virtuelle Gegenstände zu bewegen oder sich technische Neuentwicklungen vorführen zu lassen. Forschende und Besucher waren sich über das riesige Potenzial einig, das gerade KI-basierte Technologien bieten. Die Vielzahl an Themen, die im Rahmen von Forschung und Lehre und in Zusammenarbeit mit Praxispartnern zu Lösungen führten, wird mit dem neuen KI-Kompetenzzentrum sicherlich noch ausgebaut werden und einen nachhaltigen Innovationsschub für alle Beteiligten bedeuten.


Fotos: Hochschule Landshut / Peter Patzelt
(Frei zur Verfügung bei Angabe der Quelle)

 

Der Clinical Impact müsse bei Gründungen im Bereich der Medizintechnik im Vordergrund stehen, ist Dr. Julia Moosbaier (deepc GmbH) überzeugt.
Die Initiatoren der Veranstaltung Prof. Dr. Stefanie Remmele und Prof. Dr. Eduard Kromer.
Die Kombination von Wissenschaft und Engineering hat sich Dr. Justin Bayer, Volkswagen AG zur Aufgabe gemacht.
Im Namen der Hochschulleitung begrüßte Vizepräsident Prof. Dr. Marcus Jautze die Teilnehmer/-innen.
Von Satelliten generierte Daten nutzt Prof. Dr. Michael Schmidt, Universität der Bundeswehr, für Erdbeobachtungen.
Insgesamt 45 an der Hochschule entstandene Projekte, meist in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Praxis, wurden in zwei Postersessions präsentiert.
Die Besucher konnten sich selbst bei der Benutzung einer VR-Brille neue Einblicke verschaffen.
Den Roboterhund Spot, der u.a. für Inspektionen eingesetzt werden kann, präsentierte diese Gruppe.
Die abschließende Podiumsdiskussion moderieren Prof. Dr. Hannah Jörg und Prof. Dr. Christian Osendorfer.