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Multi Material Design: übergreifende Lösungen im Leichtbau schaffen

Die Veranstalter des MMD (v.l.n.r.): Dr. Marcus Seitz (Cluster Neue Werkstoffe), Johann-Peter Scheitle (Carbon Conposites e.V.), Prof. Dr. Otto Huber, Marc Bicker (Leichtbau-Cluster Landshut)
Die Veranstalter des MMD (v.l.n.r.): Dr. Marcus Seitz (Cluster Neue Werkstoffe), Johann-Peter Scheitle (Carbon Conposites e.V.), Prof. Dr. Otto Huber, Marc Bicker (Leichtbau-Cluster Landshut)

Beim dritten Forum „Multi Material Design für Leichtbauanwendungen“ versammelten sich rund 70 Experten/innen aus Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen aus dem ganzen Bundesgebiet an der Hochschule Landshut. Neueste Forschungsergebnisse, Trends und Entwicklungen in diesem innovativen Technikbereich wurden in Fachvorträgen und einer begleitenden Fachausstellung gezeigt. Das Forum wurde in Kooperation zwischen dem an der Hochschule ansässigen Leichtbau-Cluster, dem Carbon Composites e.V. und dem Cluster Neue Werkstoffe veranstaltet. Die Bandbreite reichte von den Branchen Automobil und Nutzfahrzeuge bis hin zur Textil und Sportartikelindustrie. Dieses breite Spektrum  zeigt, wo die Chancen im Multi Material Design liegen, nämlich in der branchen- und prozesskettenübergreifenden Kooperation. Nicht zuletzt durch die anhaltenden Diskussionen zur begrenzten Rohstoffverfügbarkeit und zur Nachhaltigkeit in der Mobilität getrieben, gewinnt das Konzept des Multi Material Design zunehmend an Bedeutung. „Mit Hilfe von Verbundwerkstoffen, Werkstoffverbunden und Mischbauweisen wird hierbei erreicht, dass im Bauteil das richtige Material in der richtigen Menge am richtigen Ort sitzt“, charakterisierte Prof. Dr. Otto Huber, wissenschaftlicher Leiter des Landshuter Leichtbau-Clusters diesen Ansatz zum systematischen Leichtbau. Die Zusammenarbeit zu fördern und zusätzliche Synergien für die gemeinsamen Themen Leichtbau, Carbonfasercomposite und Neue Werkstoffe zu schaffen, hat sich die netzwerkübergreifende Kooperation zum Ziel gesetzt. Den wichtigen Beitrag, den die Netzwerke  - im regionalen Umfeld aber auch weit darüber hinaus - für die Wirtschaftsförderung leisten, betonte Prof. Dr. Helmuth Gesch, Vizepräsident der Hochschule Landshut, in seiner Begrüßung.

Bauteile mit Funktionskomponenten durch neue Fertigungstechniken

In den drei Bereichen des Multi Material Design, der werkstofflichen, der konstruktiven und der fertigungstechnischen Kombinationsmethodik, griffen die Fachvorträge des Forums aktuelle Themen und Trends auf. Marc Fuchs von der Wagner AG (Waldstatt, Schweiz) zeigte, wie sich mit Hilfe von Druckguss-Spritzguss-Kombinationen Bauteile mit Funktionskomponenten aus Metall und Kunststoff intelligent fertigen und dadurch Gewichtseinsparungen realisieren lassen.  Dass sich der Spritzguss mit seinen Sonderverfahren perfekt als MMD-Fertigungstechnologie eignet, zeigte Martin Schneebauer von der KraussMaffei Technologies GmbH. Zielstellung aktueller Verfahrensentwicklungen ist es dabei, eine zunehmende Anzahl von Strukturbauteilen im Automobil durch Prozesse wie das Hochdruck RTM Verfahren zu fertigen. Gerade bei den Verfahrensentwicklungen spielt die anwendungsbezogene Forschung eine bedeutende Rolle, wie Alexander Roch, Fraunhofer Institut für chemische Technologien (ICT), am Beispiel unterschiedlicher Verfahren, wie dem Fiber Forge oder dem Direct Foaming aufzeigte. Speziell in der Verwendung von schäumbaren Matrixmaterialien erwartet Roch sich hierbei noch großes Leichtbaupotential.

Zerstörungsfreie Prüfung durch prozessintegrierte Prüftechnik

Derartige, komplexe Werkstoffkombinationen müssen jedoch auch prüfbar sein, wie Jens Fery vom Fraunhofer Institutes für zerstörungsfreie Prüfung (IZFP), in seinem Vortrag erläuterte und am Beispiel einer Prüfmethodik für prozesshärtende Stähle zeigte. „Je verbreiteter Werkstoffe zum Einsatz kommen, deren Eigenschaften erst im Fertigungsprozess festgelegt werden, desto wichtiger wird die entsprechende prozessintegrierte Prüftechnik“, so Fery. Für Faserverbundwerkstoffe, auf die diese Aussage natürlich in besonderem Maße zutrifft, setzt das IZFP beispielsweise so genannte „sampling phased array“ Ultraschallmethoden ein, um Fehlstellen zu detektieren. Die lokal einstellbaren Werkstoffeigenschaften von faserverstärkten Materialien stellte auch Professor Dr. Thomas Tröster, Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil der Universität Paderborn, in den Fokus seiner Ausführungen. „Eine Hybridstruktur aus Stahl und CFK kann bei Einsatz in einer B-Säule bis zu 40% Gewichtsreduktion bringen“, so Tröster. Dass es hierbei auch darauf ankommt, Prozesse zu verwenden, deren Einsatz in der Automobilindustrie gängig ist, zeigte Professor Tröster am Beispiel lokal eingepresster CFK-Verstärkungen, die im KTL-Prozess ausgehärtet werden sollen. „Für derartige Systeme bleiben jedoch noch einige Aufgaben für die Auslegung und Simulation, bevor über einen Serieneinsatz nachgedacht werden kann“, beschrieb Tröster zukünftige Aufgaben.

Neue Leichtbau-Möglichkeiten durch zellulare Werkstoffe

Im abschließenden Beitrag zum Leichtbau mit hybriden Strukturen ergänzte Professor Dr. Otto Huber, in Funktion als Leiter des Kompetenzzentrums Leichtbau der Hochschule Landshut, die lokalen Verstärkungskonzepte um eine methodische Betrachtung der Möglichkeiten von zellularen Werkstoffen. Entgegen der Faustregel, dass bei Schäumen eine fünfzigprozentige Gewichtsreduktion mit einem fünfundsiebzigprozentigen Eigenschaftsverlust einhergeht zeigte Professor Dr. Huber auf, wie Glasschaumkugeln in Epoxidmatrizes als lokale Verstärkung, beispielsweise von automobilen Crashboxen wirken können. Diese Konzepte und die zugehörige Prüftechnik, konnten die Teilnehmer auch bei der Laborführung durch das Kompetenzzentrum Leichtbau live erleben, bevor bei abschließenden Get-Together noch Raum für neue Ideen und Kooperationen gegeben wurde. Die drei Netzwerke Leichtbau-Cluster, Carbon Composites e.V. und Cluster Neue Werkstoffe planen auch für 2012 eine Fortsetzung dieser gelungenen Zusammenarbeit.

Die Veranstalter des MMD (v.l.n.r.): Dr. Marcus Seitz (Cluster Neue Werkstoffe), Johann-Peter Scheitle (Carbon Conposites e.V.), Prof. Dr. Otto Huber, Marc Bicker (Leichtbau-Cluster Landshut)
Rund 70 Fachleute nahmen an der Veranstaltung teil, hier Prof. Dr. Otto Huber (Hochschule Landshut) bei seinem Vortrag.
Prof. Dr. Thomas Tröster, Universität Paderborn, bei seinem Vortrag.