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Sprache verändert sich

Diskriminierung in Gebärdensprache: Über dieses Thema diskutierte das Team des GSD-Studiengangs Landshut via Zoom

Im August fand eine Podiumsdiskussion des Studiengangs Gebärdensprachdolmetschen der Hochschule Landshut statt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren Studiengangsleiterin Prof. Dr. Sabine Fries, Prof. Dr. Uta Benner sowie die Dozierenden Margit Hillenmeyer, Thimo Kleyboldt und Dawei Ni. Moderatorin war die Absolventin Anika Loidl. Anlass boten die aktuellen Themen zu Rassismus und das Video Jan Eichlers mit der Aussage

„In der Gebärdensprache gibt es keine Diskriminierung durch Sprache“. Ebenso wurde auf die

Video-Reaktion von Benedikt Sequeira Gerardo eingegangen, der die gegenteilige Meinung vertritt.

„Gebärdensprache diskriminiert nicht.“

Widersprechende Meinungen während der Diskussion, auch in Verbindung mit Ikonizität. Neue Gebärden zeigen das, was man sieht und kennt. So die Gebärde für „Schlitzauge“ für Asiaten oder „Brust“ für Frau. Prof. Fries merkte an, dass Ikonizität keine Rechtfertigung diskriminierender Gebärden ist. Namens- oder durch Gewohnheit verwendete Gebärden müssen überdacht werden.

Sprache verändert sich.

Sorgen, wie der Verlust einer vermeintlich ursprünglichen, „reinen“ Deutschen Gebärdensprache kommen auf. Zum einen durch übernommene Gebärden anderer Länder, als auch durch Unsicherheit der Vertretbarkeit. Prof. Benner ging auf Privilegien ein. Wichtig sei, die eigenen zu erkennen: „Wer reflektieren kann, muss auch aufklären.“ Es hängt vom Kontext ab, ist die Gebärde karikativ oder ernst gemeint. Verbote bringen nichts.

Die Anerkennung der Gebärdensprache liegt nicht weit zurück, das Bewusstsein der Sprachgemeinschaft ist noch neu, so Fries und Ni. Der DGS-Unterricht beeinflusst den Wortschatz, taube Akademiker sind Sprachvorbilder. Ni antwortete auf die Frage, ob karikative Namensgebärden je nach Setting unterschieden werden sollten: In Deutschland sei eine Trennung zwischen formellem und informellem Gebärden noch nicht klar, was auch Kleyboldt anmerkt.
Hillenmeyer betonte die Wichtigkeit der Unterscheidung von Namensgebärden. Die Vielfältigkeit einer Person könnte auf ein Merkmal oder eine Begebenheit reduziert werden. Wichtig sei, Grenzen zu erkennen und ob eigene Aussagen diskriminierend sind, alle Meinungen müssen toleriert werden. In seinem Video spricht Eichler Lehn-Wörter an. Diese würden aus dem Deutschen in die DGS übernommen. Eine Aussage, die laut Prof. Fries nicht zielführend und typisches „Hörenden-Bashing“ (= Schimpfen auf Hörende) ist.

Laut Ni ist ein Umdenken und Erkennen der Sprachvielfalt nötig, sichtbar in verschiedenen sozialen Gruppen. Studierende fragen, ob diskriminierende Äußerungen korrigiert oder sich neutral verhalten werden soll. Das Stichwort sei „Kulturvermittlung“. Dolmetscherinnen und Dolmetscher sind keine Maschinen. Neben Sprach- und Feingefühl hängt das Handeln von der Zielgruppe in der jeweiligen Dolmetsch-Situation ab. Als Minderheitengruppe kommt zudem die Sorge von Identitätsverlust schnell auf. Eine Vermischung mit International Sign sei nicht gewünscht. Die Vielfalt in der Gebärdensprache könnte aber erhalten bleiben und zudem international gearbeitet werden. Reflexion sowie eine offene und kritische Haltung zur Gemeinschaft seien wichtig, so Prof. Fries.

Die Moderatorin sprach das Thema People of Colour und LGBTQ an. Hier zog sie Parallelen zur Gebärdensprache und fragte, ob Nicht-Muttersprachler im Fall einer nicht korrekten Gebärde darauf hinweisen dürfen. Vielseitige Antworten folgen. Formulierungen können absichtlich gewählt sein. Wer verwendet sie? Über sich selbst, über andere? Wichtig seien Respekt und Vertrauen. Hinweise auf sprachliche Diskriminierungen sollten mit Feingefühl gegeben, die Diskussion gesucht werden. Welche Beziehung habe ich zur Person? Ist eine Diskussion angemessen?
Dozierende vermitteln eine politisch korrekte Sprachverwendung. Sie haben die Aufgabe, Gebärden und deren Angemessenheit in verschiedenen Kontexten einzuschätzen. Auch ist Kontakt zur Gemeinschaft wichtig, wie auch Beobachtung und Reflexion der Unterschiede im Sprachgebrauch, gleichermaßen gültig für Dozierende.

Mit etwas Glück und Engagement wird sich das Format der Podiumsdiskussion als wiederholbares Ereignis etablieren und das Thema Diskriminierung auch außerhalb des Hochschulrahmens im Gespräch bleiben.

Bei diesem Auszug handelt es sich um eine gekürzte Fassung des Artikels. Die Originalfassung kann

per E-Mail angefragt werden.