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„Was macht professionelle digitale Beratung bei Essstörungen aus?“ – Ergebnisse im Projekt „DigiBEssst“

Die Entwicklung von Qualitätsstandards für digitale Beratung ist in vollem Gange – Interessierte können erste Einblicke bereits jetzt auf Fachtagungen gewinnen. Zudem erhält Anna Hofer als Promovendin im Projekt ein Stipendium, was einmal mehr zeigt: Das Thema ist relevant und hochaktuell!

Digitale Beratungsangebote ermöglichen einen niedrigschwelligen Zugang zu Hilfsangeboten für Menschen mit Essstörungen und ihre Angehörigen und sind vor allem seit der COVID-19-Pandemie nicht mehr wegzudenken. Doch was macht die Professionalität eines digitalen Angebots aus, was sollten Fachkräfte und Einrichtungen berücksichtigen? Orientierung für Fachkräfte, aber auch rat-suchende Personen gibt ein Forschungsprojekt an der Hochschule Landshut in Kooperation mit dem Bundesfachverband Essstörungen e. V. (BFE).

Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche und einem Mixed-Methods-Design, das aus einem Online-Fragebogen und leitfadengestützten Interviews besteht, werden Qualitätsleitlinien entwickelt. Diese enthalten Hinweise und Reflexionsanregungen zu den fünf zentralen Themen-feldern „Zugang und Setting“, „Haltung und Selbstfürsorge“, „Beratungskompetenzen und schwie-rige Situationen“, „Zusammenarbeit und Vernetzung“ sowie „Rahmenbedingungen und Ressour-cen“. Die Leitlinien werden als Broschüre über die Website des BFE e. V. und die der Bundeszentra-le für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ab Ende des Jahres veröffentlicht und stehen kostenfrei zum Download zur Verfügung.

Erste Einblicke in die Qualitätsleitlinien gibt das Forschungsteam auf Fachtagungen. So fand im Juni in Coburg die 12. Fachtagung Klinische Sozialarbeit statt. Das Projektteam präsentierte unter ande-rem Ergebnisse zur Beziehungsgestaltung im digitalen Raum, denn „die Beziehungsgestaltung ist auch in der Online-Beratung das A und O und der Hauptwirkfaktor“ (Zitat einer interviewten Fach-kraft). Auf der Jahrestagung des BFE e. V. im September in München standen dieses Jahr Angehö-rige von Menschen mit Essstörungen im Fokus, weshalb neben ersten Einblicken in die Qualitäts-leitlinien auch Ergebnisse aus den Interviews mit Angehörigen vorgestellt werden konnten. Was spricht für Angehörige für und was gegen eine Online-Beratung? Was macht aus deren Sicht eine professionelle digitale Beratung aus? Mit der Perspektive von Angehörigen befasst sich im For-schungsteam insbesondere Cäcilia Hasenöhrl im Zuge ihrer Masterthesis. Auf dem hybriden 16. Fachforum Online-Beratung in Nürnberg kamen im September zahlreiche Fach
kräfte aus Praxis und Wissenschaft zusammen. In einem Fachvortrag präsentierte Anna Hofer neben essstörungsspezifi-schen Aspekten auch zielgruppenübergreifende Standards, da die Leitlinien in weiten Teilen über den Essstörungsbereich hinaus anwendbar sein werden. Auf dem gemeinsamen Kongress der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) und der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen (DGESS) in Gera wurden die Ergebnisse im Rahmen des Symposiums „Neue partizipative Wege der Beratung und Behandlung bei Essstörungen: Betroffene Menschen und Angehörige im Blick“ prä-sentiert. Der multiperspektivische Blick durch den Einbezug von betroffenen Menschen, Angehöri-gen und Fachkräften ist seit Projektbeginn zentral. Im Oktober wurden die Qualitätsleitlinien dar-über hinaus im Rahmen einer Keynote und eines Workshops auf dem 30. Internationalen Kongress Essstörungen in Alpbach, Österreich vorgestellt.

Anna Hofer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin im Projekt. In ihrer kooperativen Promotion zwischen der Technischen Universität Dresden (Betreuung: Prof. Dr. Stefan Ehrlich) und der Hochschule Landshut (Betreuung: Prof. Dr. Eva Wunderer und Prof. Dr. Bettina Kühbeck) be-fasst sie sich vor einem interdisziplinären Hintergrund mit der Fragestellung, was professionelle digitale Beratung bei Essstörungen ausmacht. Anna Hofer wird von Dezember 2023 an in ihrem Promotionsvorhaben durch die Studienstiftung des deutschen Volkes im Rahmen eines dreijähri-gen Stipendiums gefördert, was die hohe Relevanz des Forschungsvorhabens unterstreicht.

Das Projekt „Digitale Beratungsangebote professioneller Beratungsstellen für Essstörungen: Parti-zipative Bestandsaufnahme, Evaluation und Entwicklung von Qualitätsleitlinien“ mit dem Akronym „DigiBEssst“ ist ein zweijähriges Verbundprojekt (01.12.2021 – 30.11.2023), das vom Bundesministe-rium für Gesundheit (BMG) gefördert wird. Als Partner im Projekt treten einerseits die Hochschule Landshut und ihr Forschungsinstitut „Sozialer Wandel und Kohäsionsforschung“ (IKON) und ande-rerseits der Bundesfachverband Essstörungen e. V. (BFE) auf. Das Projektteam setzt sich zusam-men aus den Projektleitungen Prof. Dr. Eva Wunderer, Sigrid Borse und Andreas Schnebel sowie aus den Projektmitarbeiterinnen Anna Hofer, Kathrin Harrach und Cäcilia Hasenöhrl. Das Layout der Leitlinien wird von der Grafikerin Sabine Dohme gestaltet. Beteiligt sind zudem zahlreiche weitere Kooperationspartner*innen. Kontakt:

digitaleberatung@haw-landshut.de. Fotos: Hochschule Landshut