Die abschließende Veranstaltung der Landshuter Energiegespräche im Sommersemester (10. Juni 2024, Hochschule Landshut) befasste sich mit der gesetzlich vorgeschriebenen kommunalen Wärmeplanung und der Rolle, die die Landwirtschaft besonders über Wärmenetze spielen kann. Dies am Beispiel der Stadt Moosburg, die ihre Wärmeplanung bereits in Angriff genommen hat, und des dortigen Wärmenetzbetreibers Bader Energie GmbH.
Mit dem Thema Nachhaltigkeit und Landwirtschaft fassen die Landshuter Energiegespräche das Thema Energieversorgung in diesem Semester etwas weiter, wie Vizepräsident Prof. Dr. Marcus Jautze in seiner Begrüßung den über 60 in Präsenz anwesenden und online zugeschalteten Teilnehmern erklärte. Dies gelte besonders für die aktuelle Veranstaltung mit dem Thema "Kommunale Wärmeplanung und Nahwärmenetz Moosburg – eine Chance für die Landwirtschaft?", wie Hans Stanglmair vom Kooperationspartner der Landshuter Energiegespräche, der Solarfreunde Moosburg e.V. in seiner Einführung betonte. Die Landwirtschaft könne als Wärme-, Strom- oder Kraftstofflieferant eine wichtige Rolle bei der Wärme- und Energieversorgung sowie der Energiewende spielen.
Kommunale Wärmeplanung soll Empfehlungen und Planungssicherheit geben
Im ersten Vortrag des Abends zeigte Melanie Falkenstein, Klimaschutzmanagerin der Stadt Moosburg, die gesetzlichen Hintergründe der kommunalen Wärmeplanung auf. Der Freistaat Bayern hat das Ziel, Klimaneutralität bis Ende des Jahres 2040 zu schaffen. Der Bund will dies bis Ende 2045 erreichen, Moosburg bis 2035. Das Wärmeplanungsgesetz des Bundes verpflichte Kommunen über 10.000 Einwohner bis Mitte 2028, Kommunen mit über 100.000 Einwohner, bis zum 30. Juni 2026 eine umfassende Wärmeplanung zu erstellen.
Am 1.1. 2024 trat zeitgleich eine Novelle des Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft, die vorscheibt, dass beim Heizungstausch im Bestand und beim Heizungseinbau im Neubau 65 Prozent des Betriebs über erneuerbare Energien erfolgen muss, ab 2045 dürfen sogar gar keine fossilen Brennstoffe mehr verwendet werden. Falkenstein erklärte, dass Moosburg mit seinen rund 20.000 Einwohnern/-innen eine der ersten Kommunen sei, die die Wärmeplanung in Angriff genommen habe und damit eine Planungsbasis für die kommenden Jahre schaffen will.
In einem ersten Schritt sei eine Bestandsanalyse von Gebäuden und Siedlungstypen, dem Energieverbrauch, der Beheizungsinfrastruktur sowie eine Energie und Treibhausgasbilanz in Auftrag gegeben worden, deren Ergebnisse nun vorliegen. Im nächsten Schritt soll über eine Potenzialanalyse das Sparpotenzial ermittelt, der Ausbau der Erneuerbaren Energien (auch über die Nutzung von Abwärme und Kraft-Wärme-Kopplung) untersucht und anschließend Zielszenarien entwickelt werden. Dabei werden Gebiete definiert, in denen z.B. ein Wärmenetz eingerichtet werden soll und wo man auf individuelle Lösungen setzen müsse.
Die Bestandsanalyse habe gezeigt, dass über 80 Prozent der Häuser 1-Famlienhäuser seien, insgesamt gäbe es ca. 5.200 beheizte Gebäude, wobei die Hälfte der Gebäude vor der 1. Wärmeschutzverordnung von 1977 gebaut wurden. Dort bestehe Sanierungspotenzial. Die Wärmeversorgung erfolge aktuell zum Großteil über fossile Energien, 42 Prozent durch Öl, 28 Prozent durch Gas. Industrieanlagen bräuchten rund 50 Prozent des Stroms, 40 Prozent entfällt auf private, 10 Prozent auf kommunale Gebäude.
Insgesamt wolle die kommunale Wärmeplanung eine Planungsbasis für eine treibhausgasneutrale und kosteneffiziente Wärmeversorgung in Moosburg schaffen. Die geplante Erschließung von Wärmeversorgungsgebieten soll ebenso wie zu sanierenden Gebäude gezeigt und Empfehlungen sowie Umsetzungsstrategien - unter Einbeziehung alle Akteure - gegeben werden. Die kommunale Wärmeplanung beinhalte keine Verpflichtung bzgl. Energie- und Wärmeversorgung oder wie saniert werden muss. Sie soll informieren, wo und was am sinnvollsten ist, betont Falkenstein. Insgesamt müsse man die Ergebnisse der weiteren Schritte abwarten, denn auch wenn die kommunalen Wärmenetze in einem Gebiet für sinnvoll erachtet werden, müsse erst ein Anbieter gefunden werden.
Vom Landwirt zum Wärmeversorger
In der Stadt Moosburg gibt es bereits einen solchen Wärmenetz-Betreiber: Ulrich Bader, Geschäftsführer der Bader Energie GmbH (Buch am Erlbach) zeigte im zweiten Vortrag der Veranstaltung, wie er vom Landwirt zum Wärmeversorger wurde. Er und seine Frau bewirtschaften einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Biogasanlage in Sochenberg. 2007 hatten sie die Idee, die „ohne Ende“ vorhandene Wärme zu nutzen, dies auch bei den Eltern in Vatersdorf. Ein Planungsbüro sah ein Wärmenetz finanziell als schwierig an; nachdem die Ölpreise wieder fielen bestand auch kein Interesse mehr bei potenziellen Kunden. 2011 habe man schließlich trotzdem einen Infobrief an vorhandene Interessenten verschickt.
Es erforderte einigen Aufwand, den Plan eines Wärmenetzes in die Tat umzusetzen: Unter Einbeziehung eines erfahrenen Planers sowie eines Anwalts wurden Gespräche u.a. mit der Bank geführt und ein KfW Antrag gestellt. Zunächst sei das Projekt als Genossenschaft geplant gewesen, die Bevölkerung war damals aber noch nicht so weit, deshalb nahmen die Baders es selbst in die Hand. Bis Ende April 2011 hatten sie schließlich 49 Vorverträge abgeschlossen. Mit nur 30 Grunddienstbarkeiten wurde ein Wärmenetz quer durch den Ort gebaut. Da man die Rohre entlang einer Trasse und nicht in der Straße verlegte, musste kaum Asphalt aufgeschlagen werden, wie Bader erklärt. Schließlich habe man mit der 5,5 km langen Trasse 110 Kunden versorgt.
Für die Fernwärme wurde gleichzeitig ein Datennetz aufgebaut, mit Fernablesung der Zähler und Fernwartung. Bader entscheidet sich bei der Wärmespeicherung für einen großen zentralen Pufferspeicher, mit vielen kleinen sinken die Rücklauftemperaturen. Um die zusätzliche benötigte Wärme erzeugen zu können, setzte er weiterhin auf eine Hackschnitzel-Anlage.
Der Einstieg von Bader ins Wärmenetz der Stadt Moosburg erfolgte zum 1.7.2016. Nachdem die Stadt für ihren Plan, 2035 klimaneutral zu sein, ein Wärmenetz errichtet, aber mit dem Netzbetrieb Probleme hatte, kaufte er dieses. Es habe einen ähnlichen Wärmebedarf wie das eigene Netz gehabt und das Potenzial es auszubauen. Eingebunden war zunächst eine Kläranlage sowie eine Hackschnitzelanlage. Als erste Maßnahme habe man die komplette Netzregelung erneuert und eine PV-Anlage zum Eigenstromverbrauch draufgepackt. Für den Ausbau seien die Erzeugeranlagen ertüchtigt und die Hackschnitzel-Anlage erneuert worden sowie ein zweiter Kessel mit Platz für einen dritten entstanden. 2019 erfolgte eine erste Netzerweiterung. Eigentlich wollte man für den weiteren Ausbau ein Förderprogramme der BAFA nutzen, aber nachdem ein großer Abwärmelieferant absprang, habe man die Voraussetzungen nicht erfüllt.
Ein Ziel des Fernwärmenetzes lautete, das Schulzentrum zu versorgen. Diese Netzerweiterung erfolgte im Jahr 2021 und bedeutete ca. 1,8 Kilometer neue Rohre zu verlegen. In den Jahren 2023/2024 stand eine Netznachverdichtung im Mittelpunkt, in den letzten 5 Jahren habe man gut 100 Anschlüsse dazu gebaut, die Zahl der Wohneinheiten liege wesentlich höher, ein Anschluss alleine habe 100 Einheiten gehabt und dazu komme die Schule und manch anderes.
In Moosburg wurden viele Millionen in das Fernwärmenetz investiert, für Bader stellt sich die Frage, wie es weitergeht und wie die künftige Netzentwicklung aussehen wird. Um dies planen zu können, hofft er über die kommunale Wärmeplanung auf Zukunftsperspektiven, wie die Pläne der Stadt aussehen und u.a. auch Informationen darüber, ob es weitere nutzbare Wärmequellen gibt, die erschlossen werden könnten. Für einen weiteren Ausbau seien zusätzliche Wärmeerzeuger notwendig, auch, weil ein neues Quartier erschlossen werde, das über das Wärmenetz versorgt werden soll. Geplant sei, zusätzlich Solarthermie einzubinden, die anstelle anderer Energie-Quellen genutzt werden könne, und Großpufferspeicher zum Stützen des Netzes zu realisieren.
Insgesamt biete die Dekarbonisierung Chancen für die Landwirtschaft, die durch ihre Investitionen, durch Biogasanlagen und die verfügbaren Flächen für PV und Windräder einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. „Wichtig ist, die Wertschöpfung in der Region zu halten“, sie könne komplett durch die Landwirtschaft abgedeckt werden. Wenn dagegen Wasserstoff in südlichen Ländern produziert werde, bringe uns das nichts, erklärte Bader.
Landshuter Energiegespräche