KIMoVe
KI-basierte Feedback-Funktion für das Fahrverhalten mittels erfasster Fahrdynamikdaten eines Motorrads
Projektdauer
01.07.2023 - 30.06.2026
Förderprogramm
Förderkennzeichnung
KK5525601
Gefördert durch
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Beteiligte Personen
Projektleitung Hochschule Landshut:
Prof. Dr. Hannah Jörg
Projektbearbeitung:
Alexander Schön
KIMoVe
KI-basierte Feedback-Funktion für das Fahrverhalten mittels erfasster Fahrdynamikdaten eines Motorrads
Das Forschungsprojekt ist eine Kooperation der Hochschule Landshut, der x-log-Elektronik GmbH und dem WIVW (Würzburger Institute für Verkehrswissenschaften GmbH). Im Rahmen des Projekts, sollen mittels der gemessenen translatorischen bzw. rotatorischen Bewegung des Motorrads Schlussfolgerungen zum individuellen Fahrerverhalten gezogen werden. Jeder Projektpartner übernimmt dabei eine spezifische Teilaufgabe in seinem jeweiligen Kernkompetenzbereich:
- Fahrdatenerfassung am Motorrad sowie Bereitstellung in der Cloud (x-log-Elektronik GmbH)
- Motorrad-Fahrerverhaltensmodell und Archetypen (WIVW)
- KI-basierte Feedbackfunktion zur Vorhersage von Veränderungen im Fahrerverhalten (Hochschule Landshut)
UNFALLVERMEIDUNG DURCH FAHRKÖNNEN
In Deutschland ist seit 2010 ein kontinuierlicher Anstieg der zugelassenen Motorräder zu beobachten. Die Zahl der verunglückten Motorradfahrer ist innerhalb der letzten zehn Jahre (2013 bis 2022) nur um 2,6 % zurückgegangen, wohingegen sich die Zahl der verunglückten PKW-Fahrer im gleichen Zeitraum um 22,7 % reduziert hat. Konträr zum Kraftfahrzeug, bei dem stetig höhere Anforderungen zur aktiven und passiven Sicherheit vorgegeben werden, sind die Möglichkeiten zur Erhöhung der passiven Sicherheit beim Motorrad stark eingeschränkt.
Ergebnisse der Unfallforschung zeigen, dass viele tödliche Unfälle in Kurven auf Defizite in der Beherrschung der Kurvenfahrt zurückzuführen sind. Aus diesem Grund ist zur Unfallvermeidung dem Training von Schräglage bei der Aus- und Weiterbildung von Motorradfahrern ein hoher Stellenwert beizumessen. Hierfür werden beispielsweise von den Automobilclubs, wie dem ADAC, spezielle Trainings angeboten. Ziel der Entwicklung ist, dem Fahrer, abseits der speziellen Trainings, aktive Rückmeldung bezüglich seiner Fahrfähigkeiten und seinem individuellen Fahrerverhalten zu geben. Dadurch kann sich der Fahrer kontinuierlich verbessern und fällt nicht in alte Muster zurück.
Um das Fahrerverhalten von Personen zu beeinflussen, ist ein besseres Verständnis von Fahrerverhalten von Motorradfahrern im Allgemeinen vorrangig. Die Behebung des Mangels an motorradspezifischen Fahrerverhaltensmodellen wird im Rahmen der Forschung (WIVW) adressiert. Zudem werden solche Fahrerarchetypenmodelle im Kontext der (Verkehrs-) Simulation benötigt.
KATEGORESIERUNG VON FAHRERVERHALTEN MITTELS KI
Das individuelle Fahrerverhalten eines Motorradfahrers in einer Kurve soll mittels einer Verarbeitungseinheit, die auf Methoden der künstlichen Intelligenz zurückgreift, erkannt werden, indem der zeitliche Verlauf der Sensorikdaten ausgewertet wird. Das ermittelte Fahrerverhalten soll zum einen den Motorradfahrer in einen bestimmten Fahrerarchetypen einordnen und zum anderen Rückschlüsse auf spezifische Fahrfehler ermöglichen. Hierdurch soll insbesondere die Verschlechterung des Fahrerverhaltens erkannt werden, welche beispielsweise durch Müdigkeitserscheinungen verursacht werden kann. Mithilfe der Feedbackfunktion des Systems erhält der Motorradfahrer Rückmeldung zu seinem Fahrerverhalten, welche zu einem Lern- und Trainingseffekt sowie zu einer Reduzierung des Unfallrisikos beitragen sollen.
WARUM KÜNSTLICHE INTELLIGENZ?
Während im Rennsport umfassende Telemetriedaten des Motorrads, des Fahrers und der Strecke zur Verfügung stehen, sind die Daten in der im Projekt betrachteten Alltagssituation auf jene eines am Lenkrad montierten Inertialsensors („kurvX“ des Projektpartners x-log Elektronik GmbH) beschränkt. Da es sich bei dem Sensor um ein Zubehörgerät handelt, liegen keine Informationen über das Motorrad oder die Montageposition des Sensors vor. Zudem stehen weder Daten über die Strecke noch über die Bewegung des Fahrers auf dem Motorrad zur Verfügung. Der Initialsensor misst die Beschleunigungen und die Winkelgeschwindigkeiten in bzw. um die drei kartesisches Achsen X (längs zur Fahrtrichtung), Y (quer zur Fahrtrichtung) und Z (Fahrzeughochachse). Aus ersten experimentellen Daten ist eine Abhängigkeit der Inertialsensordaten vom individuellen Fahrerverhalten zu erkennen, wobei aufgrund der geringen Informationslage ein formeller Rückschluss von Messdaten zu Fahrerverhalten nicht eindeutig bestimmt ist. Diese Abhängigkeit bzw. die Rückschlüsse auf das Fahrerverhalten können teilweise von Fahrtrainern durch eine qualitative Auswertung des zeitlichen Verlaufs der Initialsensordaten hergestellt werden. Diese fehlenden formellen Zusammenhänge bzw. das einfließende Expertenwissen sollen mit Methoden der künstlichen Intelligenz erlernt werden.
SYNTHETISCHE SENSORDATEN
Eine große Herausforderung stellt die Bereitstellung der Daten zum Training der Methoden der künstlichen Intelligenz dar. Vor allem komplexere Systeme, wie neuronale Netze, benötigen eine große Menge an Daten, welche zudem ein breites Spektrum von verschiedenen Fahrern, Motorrädern und Kurven abdecken müssen, um eine robuste Klassifizierung von Fahrerverhalten durchführen zu können. Idealerweise werden diese Daten durch reale Testfahrten natürlich erzeugt und anschließend mit Labels versehen. Diese Art der Datenerzeugung ist sehr personal- und kostenintensiv und birgt zudem die Gefahr einer Unter- oder Überrepräsentation von bestimmten Fahrszenarien.
Aus diesen Gründen wird der Prozess der Messdatenerzeugung synthetisiert, was einen wesentlichen Teil des Forschungsprojektes darstellt. Zusätzlich eröffnet eine Fahrsimulation in der digitalen Umgebung die Möglichkeit riskante Fahrmanöver zu simulieren, welche aus ethischen Gründen nicht von Testpersonen in einer realen Messkampagne durchführbar sind.
Die Erzeugung dieser Daten erfolgt in einer Mehrkörpersimulationsumgebung (MB-Sim-Env), wobei das Simulationsmodell im Wesentlichen aus drei Teilmodellen besteht:
- Umgebungsmodell: Abbildung der Fahrtstrecke und deren Unebenheiten
- Motorradmodell: Abbildung der kinematischen Zusammenhänge und Erzeugung der synthetischen Sensordaten
- Virtueller Fahrer: Abbildung des Fahrverhaltens, durch differenzierte kurvenspezifische Steuer- und Regeleingriffe in die Trajektorienplanung